Essen. . Giuseppe Tornatores neuer Film „The Best Offer“ ist das Porträt eines in die Jahre gekommenen Misanthropen – mit einem Hauptdarsteller Geoffrey Rush („The King’s Speech“) in Bestform.

An die Filme des Italieners Giuseppe Tornatore zu denken, das ist gleichbedeutend mit der Erinnerung an eine Eleganz der Bilder und an eine selten gewordene Absage an jede Form von Hast. Filme wie „Cinema Paradiso“ oder „Die Legende vom Ozeanpianisten“ wirken mit ihrer gemächlichen Schönheit geradezu wie eine Kriegserklärung gegen all die Schnittorgien, die es im hektischen Gegenwartskino oft auszuhalten gilt. Sein neuer Film „The Best Offer – Das höchste Gebot“ macht da keine Ausnahme. Das Porträt eines in die Jahre gekommenen Kunstauktionators wirkt wie aus der Zeit gefallen, wie ein lukullischer Genuss inmitten eines „All You Can Eat“-Kinos.

Natürlich ist es kein Zufall, dass die exzentrische Hauptfigur den Namen Virgil Oldman trägt. Denn weder hat dieser von Geoffrey Rush hingebungsvoll gespielte Misanthrop in seinem Leben jemals eine Beziehung mit einer Frau unterhalten. Noch kann er leugnen, inzwischen die 63 erreicht zu haben. Trotzdem kann er Kunstwerke noch immer aus größerer Entfernung exakt taxieren, kann er bei seinen Auktionen noch bei jedem Bietertempo mithalten. Ein persönliches Teleskop von Galileo beispielsweise treibt er in Minutenschnelle in die Millionen.

Stattliche Sammlungan Frauenporträts

Da fällt es gar nicht auf, dass Virgil, der selbst im Restaurant Handschuhe trägt, einige Werke mit einem lächerlich geringen Grundgebot eröffnet, damit sein Kumpel Billy (Donald Sutherland) sie relativ preiswert für den Auktionator erstehen kann. Der hat sich durch diese raffinierte Methode inzwischen eine stattliche Sammlung an Frauenporträts beschafft. In einem versteckten Raum seines Hauses hat er sie gehängt, ein Bilderrausch an Schönheit und Erhabenheit, den Virgil ganz allein zu genießen versteht.

Eine erste Nervosität befällt den korrekten Auktionator, der jedes sichtbare Werk der Kunst einzuschätzen weiß, als er mit der fortgesetzten Unsichtbarkeit eines Menschen konfrontiert wird. Die junge Claire Ibbetson (Sylvia Hoeks), die Virgil damit beauftragt, den Nachlass ihrer verstorbenen Eltern zu begutachten, leidet offensichtlich an schwerer Agoraphobie, die sie unbekannte Orte und Menschen meiden lässt. Versteckt in einem Zimmer des elterlichen Hauses wohnend, hat sie seit 15 Jahren keinen Fuß mehr vor die Tür gesetzt. Tornatore spielt dabei sichtlich erfolgreich mit dem steigenden Verlangen Virgils wie des Publikums, dieses mysteriöse Wesen endlich sehen zu dürfen.

Doch wenn dies endlich geschieht, fallen angesichts der Schönheit Claires bei dem ebenso pflichtbewussten wie distinguierten Virgil alle bisher aufgestellten Schranken. Er, der Frauen bisher nur auf Gemälden ertragen konnte, verliebt sich Hals über Kopf in dieses Schutz suchende Geschöpf, beginnt auf seine späten Tage erstmals eine Affäre, die ihn schließlich selbst irritiert. Seine Contenance nimmt Schaden, seine Aufgeregtheit bei Auktionen steigt, es schleichen sich gar Fehler ein. Der eherne Virgil, er wird allmählich zu einem verwundbaren Geschöpf.

The King's Speech

The King's Speech. © Senator
The King's Speech. © Senator
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The King's Speech. © Senator
The King's Speech. © Senator
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Wie verwundbar, das soll hier nicht verraten werden. Der Zuschauer ahnt natürlich Gefahr im Verzuge, weil hier Dinge ineinander greifen, die nur ein Ziel haben können. Seltsamerweise aber stört dieses Ahnen das Ereignis dieses Films in keiner Weise. Allein Geoffrey Rush seinen Virgil hier zelebrieren zu sehen, das ist mehr wert als ein halbes Dutzend Blockbuster Marke Hollywood. Und für Tornatores Kunst, in Wien und Prag mit einem australischen Hauptdarsteller einen vollendeten Film zu drehen, der in einer anonymen Stadt mit italienischem Anstrich spielt, legen wir noch ein weiteres halbes Dutzend obendrauf.

  • Wertung: Fünf von fünf Sternen