Essen. . „Hyde Park am Hudson“ heißt die neue Komödie, in der Bill Murray den US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt spielt. Murray spielt einen Staatsmann fernab jeder Traurigkeit. Der Film unterhält in einigen Passen mit delikaten Dialogmomente zwischen englischer Noblesse und amerikanischer Lässigkeit.

Große Namen schützen nicht vor großen Gefühlen. Auch gekrönte Häupter und Inhaber des Präsidentenamtes brauchen von Zeit zu Zeit den Atem der Liebe und den Geist der Freundschaft. Vor solch hehrem Hintergrund hat der englische Komödienregisseur Roger Michell („Notting Hill“) seinen neuen Film „Hyde Park am Hudson“ angesiedelt.

Daisy Suckley hat noch die Tage erlebt, als ihre Familie in England zum gehobenen Geldadel gehörte. Dann kam der Schwarze Freitag des Jahres 1929, der alle Börsen zerschmetterte und viele in den Ruin trieb. Auch Daisy blieb nicht verschont und so übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach Amerika, um dort ein wesentlich bescheideneres Dasein zu fristen. Eines Tages erhält Daisy Post von ihrem entfernten Cousin Franklin.

An den Rollstuhl gefesselt

Sie putzt sich auf und folgt dessen Einladung auf das Landgut Hyde Park. Wie sich zeigt, residiert Franklin inmitten Heerscharen von Sekretären und Beratern, denn er leitet nicht weniger als die Geschicke der Vereinigten Staaten von Amerika. Franklin ist, seit er an Polio erkrankte, an den Rollstuhl gefesselt und kann mittels Beinschienen nur wenige Schritte gehen. Aber er ist ein galanter Gesellschafter, der seine Cousine bald ständig um sich wissen will. Und eines Tages, in einem entlegenen Landhaus, hat er Daisy dann ganz allein für sich.

Ein erst spät gelüftetes Geheimnis um den 32. US-Präsidenten Franklin Delano Roosevelt (1933-45 im Amt) lieferte die Grundlage für diese opulent ausgestattete Komödie, die in Kostümgebung und Dekors Oscar-würdige Sorgfalt walten lässt, im Blick auf erzählerische Leichtigkeit und romantische Knospenfülle hingegen in der ersten Hälfte bedenklichen Mangel an Temperament aufzeigt.

Was auch an den Darstellern liegt, denn während Bill Murray mit selbstbewusst blitzender Zahnprothese den Präsidenten als Bonvivant fernab jeglicher Traurigkeit ausgestaltet, ist die eigentlich verlässliche Charakter-Aktrice Laura Linney allzu sehr auf britisch zugeknöpfte Contenance bedacht und hält das romantische Feuer auf fröstelnder Niedriggarung.

Drehbuch mit genialen Zwischenzündern

Schon droht der Film in nostalgischer Harmlosigkeit zu versanden, da beschert das Drehbuch zwei geniale Zwischenzünder. Roosevelts Sekretärin (Elizabeth Marvel) eröffnet Daisy, dass sie nicht die einzige Mätresse des Präsidenten ist und das englische Königspaar George VI. und Elizabeth kündigt seinen Besuch an. Ersteres bringt dramatische Spannung ins dezente Poesiealbum der Gefühle, Zweiteres beschert dem Film delikate Dialogmomente zwischen englischer Noblesse und amerikanischer Lässigkeit.

Der jovial selbstbewusste Präsident als väterlicher Freund und der stotternde König (Samuel West, der Colin Firth tatsächlich vergessen lässt) impfen dem Film Whisky-selige Klasse ein, während Olivia Williams als Roosevelts duldsame Ehefrau und Olivia Coleman als strenge Königin die Herren mit sanfter Hand am Zügel zu führen versuchen. Gerne hätte man sich den ganzen Film so gewünscht, aber ein spätes Vergnügen ist immer noch viel besser als gar keines.

  • Wertung: drei von fünf Sternen