Essen. . Nach „Green Lantern“ kommt nun auch der Comic-Held „Captain America“ erstmals zu Leinwand-Ehren – und das fast 70 Jahre nach seinem Debüt in den Bilderheften. Regisseur Joe Johnston sorgt dafür, dass der Patriotismus hier stark abgemildert scheint.
Schwierige Zeiten verlangen nach besonderen Helden. Amerikas Comic-Kultur liefert dafür passende Leitfiguren in Gestalt fantasievoll gekleideter Superhelden. Einer der ersten war 1941 „Captain America“, aber erst 70 Jahre später bestreitet er nun seinen ersten Kinoauftritt.
Hitlers Nazi-Horden überrollen Europa, die amerikanischen Streitkräfte wollen dem Einhalt gebieten. Einer der jungen Männer, die sich als Rekruten für die Front melden, ist Steve Rogers. Er ist ein schmächtiger Junge und wird prompt wegen körperlicher Untauglichkeit ausgemustert. Dann trifft er einen Freund, der gute Kontakte zum militärischen Geheimdienst hat. Dort forscht man an einem Serum, das Supersoldaten hervorbringen soll. Steve wird als erste Testperson ausgewählt, mit beachtlichem Erfolg. Binnen Sekunden erwächst der Hänfling zum kraftstrotzenden Titanen. Er wird der einzige seiner Art bleiben, denn kurz darauf wird der wissenschaftliche Leiter Opfer eines Mordanschlags.
Stunde der Bewährung
Steves neue Identität wird jedoch anders genutzt, als er sich das dachte. Die Army schickt ihn als Werbemaskottchen durchs Land und dann zu den Truppen nach Europa. Hier aber schlägt bald die Stunde wahrer Bewährung, denn es lauert neben den Nazis ein neuer, noch gefährlicherer Gegner, der seine eigenen Pläne verfolgt. Dieser Johann Schmidt hat in geheimen Testreihen eine Armee von Klonsoldaten gezüchtet, an deren Spitze er die Welt unterjochen will. Captain America und eine Schar treuer Verbündeter treten dem entschlossen entgegen.
Es verblüfft immer wieder, mit welch naiver Begeisterung Hollywoods Erbauungs- und Ertüchtigungskino seit nunmehr über einem Jahrzehnt vom Publikum aufgenommen wird. Krieg, Invasion, Terroranschlag: Kein Problem, denn irgendein Maskierter findet sich immer, um die Dinge im Dienste des amerikanischen Traums zu richten. Die Vorschauen zu „Captain America“ ließen in ihrem ungebremsten Militarismus Böses vermuten. Umso größer ist die Überraschung, dass Joe Johnstons Film zwar zwischen den Bildern jede Menge Führerfantasien transportiert, an der Oberfläche aber temporeiche Unterhaltung bietet, die neben nostalgischem Charme auch unverhoffte Glanzlichter von Intelligenz und Selbstironie aufblitzen lässt.
Tricktechnische Kabinettstücke
Des Titelhelden erste Auftritte sind tricktechnische Kabinettstücke, in denen der erstaunlich nuanciert agierende Hauptdarsteller Chris Evans tatsächlich wie ein naturgeborener Schmalhans zu sehen ist. Seine Bühnendarbietungen vor lästernden Soldaten dagegen ziehen gekonnt Amerikas Propagandamethoden durch den Kakao. Das ist gespickt mit ausgefeilt witzigen Dialogen und verhilft dem Film zu kluger Substanz.
Wenn es dann ins Gefecht mit dem von Hugo Weaving elegant verkörperten Schurken geht, bietet „Captain America“ dekorativ ausgestattetes Actionkino im Stil von Klassikern wie „Agenten sterben einsam“ oder „Die Kanonen von Navarone“. Am Ende gibt es sogar einen pfiffigen Kniff für mögliche Fortsetzungen. Mit diesem Captain macht Superheldenkino wieder richtig Spaß.