Bochum. Die super-patriotische US-Comic-Figur Captain America hinterließ nicht nur im Schauspielhaus seine Spuren. Bald wird er auch auf der großen Leinwand zu sehen sein. Eine Annäherung aus Bochumer Sicht.
Kennen Sie Captain America? Das ist eine US-Comic-Figur, ein Superheld, der ein Kostüm in den Farben der Flagge der Vereinigten Staaten trägt und auf patriotisch überkorrekte Weise dem Bösen in der Welt – bzw. dem, was die Amis dafür halten – gegenübertritt. Vor einiger Zeit war Captain America in Bochum zu Besuch. Und in der nächsten Woche kommt er wieder.
Wie das? Nun, zuletzt spielte die Figur in der Schauspielhaus-Einrichtung „Amerika“ eine tragende Rolle. Und in der nächsten Woche kommt der gleichnamige Film von Joe Johnson in die Kinos, in Bochum läuft „Captain America“ am 18. August im Bofimax-Kino und in der UCI Kinowelt an. Das bietet Gelegenheit, das US-Phänomen einmal unter die Lupe zu nehmen.
Figur wurde 1941 geschaffen
Geschaffen wurde die Figur 1941 für den Verlag Timely Comics, einem Vorgänger der heutigen Marvel Comics. Heft eins erschien 1941, wobei die im Krieg als Propaganda angelegten Comic-Strips den „Captain“ gegen Nazis und andere US-Kriegsgegner antreten ließen.
Später wurden die Strips sozialkritischer, seit 1967 erscheint „Captain America und die Rächer“ auch in Deutschland. Dass allerdings dieser kampfstarke Supermann hierzulande nie so recht ankam, liegt vermutlich daran, dass sein gesunder US-Patriotismus in Deutschland eher auf Unverständnis stößt.
Pole eröffnete neuen Blickwinkel auf die Figur
Da musste schon ein Pole kommen, um uns einen neuen Blickwinkel auf die in Ami-Land äußerst populäre Figur zu eröffnen. Jan Klata, der junge Warschauer Regisseur, feierte im April mit Kafkas „Amerika“ im Schauspielhaus Premiere, und gleich in der ersten Szene, als Karl Rossmann (Dimitrij Schaad) in Amerika ankommt, bekommt es der unbedarfte Junge mit einer Phalanx von hünenhaften Captain Americas zu tun.
Wobei sich herausstellt, dass einer der rot-weiß-blauen Comic-Helden sein Onkel ist... Der bleibt, kernecht wie ein Footballspieler von Andreas Grothgar gespielt, äußerst präsent. Sogar aus dem Bilderrahmen heraus wacht Captain America über Worte und Wege seines europäisch-schüchternen Neffen.
Grelle Zeichentrick-Ästhetik
Klata ging es in seiner von der Kritik zwiespältig aufgenommenen Einrichtung weniger um die Entlarvung von US-Klischees als vielmehr um das Sammeln und Zeigen derselben. Kafkas verstörenden Text verwandelte der Pole in eine Art kafkaeskes Comic-Theater, das fantastisch und grotesk ‘rüberkam, wenn auch am Ende viel zu lang. Die neue Welt „Amerika“ ist für Karl Rossmann fremd, verstörend und voller seltsamer Herausforderungen – und sie blieb es für das Publikum.
Klatas stilisierte Figuren-Überzeichnung und die platt gewalzte Künstlichkeit entsprach dabei allerdings voll dem Comic-Klischee der Marvel-Heftchen. Die grelle Zeichentrick-Ästhetik wurde durch groteske Kostüme und Perücken noch verstärkt, wobei Captain America diese theatralisch-fantastische Nummernshow immer wieder antrieb. „Vielleicht wäre echte Bedeutungstiefe zu viel verlangt an einem Abend, der Oberflächlichkeit so einnehmend illustriert“, notierte die WAZ über die Premiere.
Action statt Symbole
Ähnliches dürfte für den nächste Woche anlaufenden Film „Captain America“ gelten, denn nach allem, was man hört, ist es erklärte Absicht des Regisseurs, seinen Helden aus den kunterbunten Bilderwelten der Comic-Heftserie hinauszuhieven und ihm publikumsträchtiges Real-Film-Leben einzuhauchen.
Action statt Symbole also, ähnlich wie bei Jan Klata. Und damit ganz anders als in einem ganz anderen Film, in dem Captain America sein Spur hinterließ: Das Motorrad, das Peter Fonda als Wyatt in „Easy Rider“ (1969) fuhr, war nach Captain America benannt, und das Sternenbanner-Design des Choppers genau wie das der Comic-Figur der US-Flagge entlehnt.