Essen. Männliche Revolutionäre in Urwäldern, die auch bei Feindberührung Zigarre paffen: Steven Soderberghs eigenwilliger Film „Che” mit Benicio del Toro kommt in zwei Teilen in die Kinos.

Che - Revolución

Deutscher Kinostart: 11.06.2009

Regie: Steven Soderbergh

Darsteller: Benicio Del Toro, Julia Ormond, Jon DeVries, Demián Bichir, Franka Potente u.a.

Profane Menschen werden an Steven Soderberghs zweiteiligem Kino-Monstrum „Che” vor allem zwei Dinge feststellen. Erstens, dass hier viele, meist männliche Revolutionäre sehr lange durch Urwälder irren, ohne dass man den Sinn dahinter immer erahnen könnte. Und zweitens, dass sie dabei fast immer eine Zigarre paffen, von der sie sich selbst bei Feindberührung nicht recht trennen können.

Das ist die äußerst oberflächliche Betrachtungsweise dieses Films. Tatsächlich gelingt es Soderbergh in seinem Porträt des Revolutionärs Ernesto „Che” Guevara wegzukommen vom Heldenposter in den Haushalten linker Romantiker, um die wahren Entbehrungen des Guerillakampfes aufzuzeigen. Wer sich die beiden jeweils 130 Minuten langen Teile ansieht, ist zum Mitleiden aufgerufen. Er soll den Gehalt der Worte begreifen, die Che seinen Mitkämpfern im bolivianischen Dschungel mit auf den Weg gibt: „Einige werden sterben, manchmal werden wir kein Essen haben, am Ende werden wir Wracks sein.”

Zwischen Dur und Moll

Porträt ist eigentlich zu viel gesagt. Soderberghs Doppelfilm besteht lediglich aus den beiden entscheidenden Lebensphasen des argentinischen Arztes und Revolutionärs – der kubanischen Revolution (der siegreiche Dur-Teil) und dem späteren Versuch einer Wiederholung in Bolivien (die Moll-Variante). Es gibt kein Vorher, kein Dazwischen, es gibt nur ein Jetzt. Der Auftakt „Che - Revolucion” beginnt ohne Vorspann, bei „Che - Guerilla”, der erst einen Monat später in die Kinos kommen wird, fehlt der Nachspann.

Da man bei den verwirrend zahlreich auftretenden Nebenfiguren (darunter auch Franka Potente als DDR-Revolutionärin Tamara Bunke) leicht die Orientierung verliert, bleibt allein der außerordentliche Benicio del Toro in der Titelrolle als Orientierungsfigur. Denn obwohl ihm auch Härte abverlangt wird und radikales Durchgreifen, so bleibt (im Originalton jedenfalls) doch am stärksten del Toros sanfte Stimme in Erinnerung, die geduldig erklärt, besonnen abwägt. Dieser außerordentliche Schauspieler erobert sich diesen Charakter behutsam, einen, der ein Aufgeben nicht auf der Rechnung hat: „Ich werde nur tot hier rausgetragen werden”, erklärt der schwer Asthmakranke in Bolivien, als deutlich wird, dass sich der Rückhalt in der Bevölkerung einfach nicht einstellen will.

Originalbilder von Che

Teil eins arbeitet noch mit dem Mittel der Rückblende. Er beginnt mit grobkörnigen Schwarzweißbildern eines Interviews, das Guevara 1964 einer englischen Journalistin gab und mit seinem Besuch als Kubas Handelsminister bei der UN. Von hier wird der Bogen zurück geschlagen zu jenem Boot, mit dem Che, Fidel Castro und über 80 weitere Männer in Kuba landen, um den Kampf gegen das Regime der US-Marionette Fulgencio Batista aufzunehmen. Auf der Zuckerrohrinsel mit ihrer darbenden Landbevölkerung hatte man auf einen derartigen Aufstand wohl nur gewartet.

Ursprünglich wollte Soderbergh nur Guevaras Scheitern in Bolivien zeigen, doch dann hätte wohl der Kontext gefehlt, der Che diese verhängnisvolle Entscheidung treffen ließ. So folgt auf die komplizierte Montage einer klaren Erfolgsstrategie auf Kuba in Teil zwei die gradlinige, fast dokumentarisch anmutende Rekonstruktion eines Scheiterns. Ohne Hoffnung auf Unterstützung, nicht mal von der nationalen kommunistischen Partei, wird aus dem Putsch ein konfuses Umherirren.

Dass die beiden Filme sich leichter Konsumierbarkeit entziehen liegt vor allem daran, dass es Soderbergh nicht um eine kontinuierlich erzählte Handlung geht, sondern um Situationen. Der Regisseur selbst liefert uns die Bilder dazu: Mit einer beweglichen Digitalkamera, die gestochene Kinobilder liefert, ist Soderbergh alias Peter Andrews immer auf der Höhe von Aktion und Lethargie.