Justin Bieber: 17, Weltstar, Teenieschwarm, Internet-Phänomen – und Mittelpunkt des Dokumentarfilms „Never Say Never“. Der läuft ab 10. März im Kino und bringt den Fans ihren Star in 3D - und aus der Sicht seiner Mama.
Irgendwann im Laufe dieses Films macht man die beruhigende Feststellung, dass technische Revolution und menschliche Evolution miteinander nicht Schritt gehalten haben. Mögen Pop-Karrieren heute auch die Quersumme aus Facebook-Klicks und YouTube-Quoten bilden – ihre Fans, vor allem Mädchen zwischen zehn und 15, heulen und hyperventilieren heute wie vor 50 Jahren. Auf Beatlemania folgt Biebermania!
Er diktiert die Klatschspalten, er verkauft Nagellack: Das Bieber-Fieber greift um sich
Aber allmählich greift das Bieber-Fieber um sich. Er diktiert die Klatschspalten. Er verkauft Nagellack. Und nun ist er auch noch Kinostar. Eine Art Hyper-Heintje des 21. Jahrhunderts, der mit zwölf noch mit der Gitarre vor dem Gemeindezentrum seiner kanadischen Heimatstadt Stratford stand. Weil er auch ein Kind seiner Zeit ist und mit allerlei wackeligen Videoaufnahmen gesegnet, die Mama Pattie von frühester Jugend an für die Verwandtschaft ins Netz stellte, ist er nun, mit 17, schon ein Weltstar. Für Menschen außerhalb der Netzwelt wird diese staunenswerte Blitzkarriere jetzt mit einem Dokumentarfilm beglaubigt, gebastelt aus Interviewschnipseln, Konzert-Ausschnitten und Babybildchen. In Jon Chus’ Kinobiographie „Never Say Never“ weitet sich ein Leben zum Leinwand-Spektakel, das früher mal zwei, drei Kinderfotoalben füllte.
Dass der Film am Donnerstag zeitnah zum ersten Deutschlandbesuch des Teenieschwarms in die Kinos kommt, ist kein Zufall. Bieber ist ein Medien-Produkt, aber eines, das nicht durch die Kanäle der Casting-Shows bis zur Stromlinienförmigkeit getrieben wurde. Bieber ist ein seltenes Erfolgs-Produkt aus Mamastolz und angenehmer Stimme.
Justin Bieber - der Film
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Beten vorm Pizzaessen
Früher trommelten Jungs wie Justin mit 17 in einer Garagenband und träumten vom ersten Aufritt beim Schulfest. Wovon Bieber träumt, kann man sich schwer vorstellen. Was soll noch kommen nach all den MTV Awards und Platinscheiben, nach der Visite im Weißen Haus und dem Auftritt in Madison Square Garden, dem Tempel der Rockmusik-Götter, der binnen 20 Minuten ausverkauft war? Das Konzert ist der dramaturgische Höhepunkt des Films, der zeitgemäß in 3D beworben wird, obwohl doch viel Material aus Mama Patties grobkörnigen Kindervideos besteht.
Den Augentrug werden sie ihm verzeihen. Wie sie ihm verzeihen werden, dass das Phänomen Bieber nach diesem Film so ungreifbar bleibt wie zuvor. Was man sieht, soll allein die Normalität dieses netten Kerls unterstreichen, der sich von Oma Bieber zum Zimmeraufräumen verdonnern lässt, seinen Entdecker Usher wie einen großen Bruder knufft und vor dem Pizzaessen das Beten nicht vergisst. Warum dieses clerasilklare Knabengesicht nebenher die Teeniewelt in kollektiven Taumel versetzt, werden sich hinterher nur die fragen, die den Film nicht im totalen Hormonrausch durchlebt haben. Bieber ist ein Idol, so teflon-glatt, dass sich auf dieser Projektionsfläche entweder alles spiegelt oder alles abprallt.
Jungspunde wie er haben mal Joints geraucht, ungezogene Posen probiert und Gitarren verdroschen. Bieber formt auf Konzerten die Hände zum Herzen und versteigert die abgeschnittenen Spitzen seiner seidigen Haarpracht für einen guten Zweck. Für Einschnitte im Bieber-Leben ist bisher vor allem der Friseur zuständig.
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