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Der Titel „We Want Sex“ ist ein wenig irreführend: In Nigel Coles gleichnamigem Film kämpfen arbeitende Frauen in England vielmehr um gerechten Lohn und gegen die chronische Unterbezahlung.

Gleicher Lohn für Mann und Frau? Zunächst einmal gleiche Wunschprojektionen: „We Want Sex“ steht vermarktungsgierig über dem neuen Film von Nigel Cole. Und welcher Mann würde diese Forderung seiner Holden nicht voll und ganz unterstützen? – Um Geschlechtsverkehr geht es dann aber mitnichten. Wohl um Geschlechterkampf. Und das im Jahre 1968, als alle Welt nichts anderes im Kopf hat als Sex und Drogen und wildes Leben, angeblich.

In den britischen Ford-Werken von Dagenham sitzen die Frauen Ende der 60er-Jahre zwar in BH und Unterröcken an den Nähmaschinen. Aber die leichte Bekleidung ist allein den Temperaturen in der Fabrik geschuldet. Die Frauen nähen Sitzbe­züge für Automobile. Als sie 1968 gegen die Unterbezahlung für ihre angeblich „ungelernte“ Arbeit auf die Straßen gehen und die Ford-Produktion nach wochenlangen Arbeitskämpfen praktisch lahmlegen, treten sie eine Entwicklung los, die 1970 im „Equal Pay Act“ mündet. Ein Stück Gleichberechtigungs-Geschichte, das in den Ge­werkschafts-Annalen seinesgleichen sucht.

Mit leisem Trotz und optimistischem Charme

Wer sich je dem zweifelhaften Vergnügen eines bundesdeutschen Warnstreiks hingegeben hat, der wird sich ein bisschen wundern, wie kregel so eine britische Arbeitsniederlegung in den späten 1960ern vonstatten gegangen sein soll. Dabei hat Sally Hawkins fast absolutes Lachverbot. Mit leisem Trotz und optimistischem Charme wächst sie von der scheuen Protestlerin zur festen Stimme des Aufstands, der die Frauen von Dagenham zuerst auf die Titelblätter und schließlich sogar ins Büro der Arbeitsministerin bringt.

Coles Film zeigt, wie es die britische Sozialkomödie im­mer wieder schafft, Ge­sell­schafts-Konflikte in ge­schmei­dig-leichte Wohlfühlstoffe um­zuwandeln. Mit kurzen Röcken und flotten Dialogen schickt er seine Heldinnen auf die Straße. Der beschwingte Sixties-Soundtrack tut das seine, um den Film mit Witz und Schwung auf ein Happy End hinzutreiben, das bis heute nicht wirklich eingetroffen ist.

Nur die halbe Wahrheit

Die plakatierte Forderung, die der deutschen Fassung ihren schmissigen Titel gab (im Original: „Made in Dagenham“), ist übrigens nur die halbe Wahrheit. „Wie Want Sexual Equality“, „Wir wollen Gleichheit der Geschlechter“ stand in Wahrheit auf den Plakaten. Aber der Stoff hatte sich verheddert. So wetterwendisch kann große Historie manchmal sein.