Essen.. Florian David Fitz spielt im Politthriller „Die Lügen der Sieger“ einen Journalisten. Im Interview spricht er über Demokratie - und letzte Wünsche.

Der Schauspieler Florian David Fitz hat ein neues Genre für sich entdeckt. Im Politthriller "Die Lügen der Sieger" von Christoph Hochhäusler spielt der Münchner Darsteller einen Journalisten, der bei seiner Recherche selbst zum Spielball politischer Interessen wird. Bei der Deutschlandpremiere in der Essener Lichtburg sprach der 40-Jährige mit Martina Schürmann über Demokratie, Medienvielfalt und letzte Wünsche.

Herr Fitz, aus den „Unbestechlichen“, den Urvätern des investigativen Politjournalismus, ist ein Reporter ohne Idealismus geworden, der aus Lebenslangeweile zockt und bei der Wahrheit auch schon mal alle Fünfe gerade sein lässt. Was hat Sie an der Figur interessiert?

Florian David Fitz: Das Stereotyp des hehren Journalisten, das gibt es hier nicht mehr. Wir zeigen einen, der von der Arbeit und vom Kampf um Auflage zerrieben ist. Diese Erloschenheit fand ich spannend: Fabian Groys war mal das Rennpferd der Redaktion, das jetzt eigentlich keiner mehr braucht, weil die 120. Geschichte über Rückenleiden inzwischen mehr Auflage macht als irgendein Giftmüll-Skandal. Das kann einen schon zermürben.

Wenn man vielleicht auch selber schon mal mit Spekulationen und Halbwahrheiten konfrontiert worden ist, nimmt man die Branche da ganz gerne mal kritisch aufs Korn?

Florian David Fitz: Wenn der Film denn eine Abrechnung wäre, aber das ist er ja nicht. Christoph Hochhäusler fordert ja eigentlich nur dazu auf, Distanz zu wahren, die Dinge zu hinterfragen und nicht einfach nur stumpf Nachrichten zu konsumieren. Da kommt heute kein Robert Redford mehr und kämpft für die Wahrheit. Das ist nicht mehr unsere Welt. Diese Wahrheit gibt’s vielleicht gar nicht mehr. Auch wenn wir in Deutschland in Sachen Medienvielfalt ja noch gut aufgestellt sind. Wenn man immer nur Fox-News bekommen würde oder das Russische Staatsfernsehen, hätte das noch mal eine andere Dimension.

Der Film erzählt auch vom Einfluss der Lobbyisten auf politische Entscheidungen, Karrieren, Nachrichten. Hat sich Ihre Sicht aufs politische Geschäft, auf die Demokratie danach verändert?

Florian David Fitz: Sie ist ein unperfektes System. Ich glaube, es ist gefährlich, sie zu romantisieren. Das führt zwangsläufig zu Symptomen enttäuschter Liebe. Nach dem Motto: „Jetzt’s gibt’s schon wieder Korruption!“ Aber die gab’s schon im alten Griechenland. Das ist ein Grundproblem der Demokratie, und man muss es kontrollieren. Das ist natürlich eine Aufgabe der Presse. Aber die steckt ja in einem ähnlichen Dilemma wie die Filme- und Fernsehmacher: Die Geschichten sollen natürlich Anspruch und Format haben, aber sie müssen sich auch verkaufen. Und da stellt sich dann die Fragen, wie sehr man noch in die Tiefe gehen kann oder ob man doch eher auf die Boulevard-Schiene gehen muss.

Jetzt klingen Sie wie ein aktiver Leserbriefschreiber.

Florian David Fitz: Nein, ich versuche eher ein aktiver Konsument von Medien zu sein. Ich bin kein Politiker und in keiner Partei aktiv. Aber ich möchte ein aktiver Wähler sein und mir auch an die eigene Nase fassen. Wir machen es uns viel zu leicht, wenn wir immer nur auf die da oben schimpfen. Und wenn wie beim Freihandelsabkommen TTIP jetzt alle über das Chlorhähnchen sprechen, muss man sich doch auch mal fragen, was wir heute schon im Supermarkt kaufen.

Vor den Dreharbeiten haben Sie das Spiegel-Hauptstadtbüro besucht. Was haben Sie aus dem Allerheiligsten des Magazin-Journalismus mitgebracht?

Florian David Fitz: Für uns Schauspieler ging’s vor allem um ganz Praktisches: Wie sehen Konferenzen aus? Welche Freiheiten hätte so einer wie Fabian Groys? Wie geht man mit Frauen dort um? Mir wurde erzählt, dass das ein ziemlicher Macho-Laden sei. Aber ich fand das sehr erfrischend und cool, wie die Leute sich da auch selber aufs Korn genommen haben.

Fabian Groys ist zuckerkrank, ihre letzte Figur litt an ALS. Und in Ihrem nächsten Film „Der geilste Tag“ begeben Sie sich schon wieder auf einen letzten Trip. Diesmal zusammen mit Matthias Schweighöfer. Mehr Quote kann ein deutscher Film derzeit kaum haben.

Florian David Fitz: Aber wir sorgen schon für die Gegenbewegung. Eine Komödie über den Tod wird Tausende von Besuchern kosten. Trotzdem wollen wir eine ehrliche und witzige Komödie über das Sterben machen. Wir spielen zwei Figuren, die aus der beschissensten Situation noch einen Vorteil ziehen, indem sie es noch mal richtig krachen lassen, ohne an die Rechnung denken zu müssen. Das ist eine Art von Schlitzohrigkeit, die mir gefällt. Dann hat das plötzlich eine komödiantische Prämisse. Und ohne Endlichkeit wäre das Leben doch langweilig.