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Es herrscht Krieg im Reiche Potter, der Kampf gegen das Böse duldet kein verspieltes Magiegedöns mehr: Mit Tiefe statt Hokuspokus, Atmosphäre statt Action läuft „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ jetzt in den Kinos.

Emma Watson als Hermine. Foto: Reuters/Warner Bros.Pictures
Emma Watson als Hermine. Foto: Reuters/Warner Bros.Pictures © REUTERS

Natürlich hätte es für eingeschworene Potter-Fans immer so weiter gehen können. Mit einem neuen Roman und der nächsten Verfilmung, mit Feuerzauber und Quidditch-Turnier, mit der klugen Hermine (Emma Watson), die noch ein bisschen hübscher geworden ist, und Harry (Daniel Radcliffe), der zur Nickelbrille längst Brusthaar trägt.

Aber schon die letzte Verfilmung von „Harry Potter und der Halbblutprinz“, diese verschmuste Mischung aus Fantasy­spektakel und Highschool-Melodram, hat gezeigt, dass man Spannungsbögen nicht endlos dehnen soll. Auch der erste Teil der Verfilmung des siebten und letzten Rowling-Romans „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, der ab Donnerstag in den deutschen Kinos läuft, bleibt eine Geduldsprobe für jene, die das Buch nicht gelesen haben. Denn das große Kino-Finale ist erst für Juli 2011 vorgesehen.

Ernst und nachdenklich, voller Wut und Tränen, voller Blut und dunkler Träume

Daniel Radcliffe als Harry Potter: Foto: Reuters/Warner Bros.Pictures
Daniel Radcliffe als Harry Potter: Foto: Reuters/Warner Bros.Pictures © REUTERS

Bis dahin liegt vor Harry und seinen Freunden Ron und Hermine diesmal ein langer Weg. Weit weg von Hogwarts und seinem fantastischen Hokuspokus, weit weg vom spukig-schrulligen Lehrpersonal und den unbekümmerten Zauberstreichen der Jugend. Mit den „Heiligtümern des Todes“ haben sich Look und Ton der Serie noch einmal gründlich geändert. Ernst und nachdenklich geht es zu, voller Wut und Tränen, voller Blut und dunkler Träume. Und selbst Ron (Rupert Grint), der treue Schulkamerad, verlässt im Streit irgendwann das treue Trio. Wie qualvoll sind doch Konflikte, die nicht mit dem Zauberstab auszutragen sind.

Dabei herrscht Krieg im Reiche Potter. Und dieser Kampf gegen das Böse, namentlich Lord Voldemort, duldet keine Neckereien mehr und all das verspielte Magiegedöns, mit dem der Zauberlehrling und Millionen von Lesern seit dem ersten Buchabenteuer 1997 groß geworden sind. Wer Potter durch Kindheit und Pubertät begleitet hat, der ist mit ihm nun beim Ernst des Lebens angekommen, konfrontiert mit einer Aufgabe, die nicht nur einen Schuljungen seelisch niederdrückt.

Dass Gut und Böse nicht immer so ganz einfach auseinanderzuhalten sind, ist im siebten Buch ein Thema, interessiert Regisseur David Yates leider aber so wenig wie der schmerzliche Vorbild-Verlust, der Potter nach privaten Enthüllungen über seinen bewunderten Lehrer Dumbledore zu verdauen hat.

Yates handelt die ersten 500 Roman-Seiten fast bibeltreu ab

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Die Potter-Gemeinde wird trotzdem zufrieden sein, handelt Yates die ersten 500 Roman-Seiten doch fast bibeltreu ab, macht die Zeit spürbar, in der Harry, Ron und Hermine sich immer tiefer in ihrer Mission verlieren. Vogelfreie, die ziellos mit ihrem Zelt von Ort zu Ort ziehen, durch düstere Wälder, die nicht mehr Zauberort, sondern notdürftiges Versteck sind. Yates entwickelt dabei atmosphärische Tableaus und verschenkt eine Bond-würdige Verfolgungsjagd doch an eine halbherzige Highway-Raserei, die man in jedem Bruce Willis-Film schon besser gesehen hat.

Die Entscheidung, den neuen Potter noch nicht in der derzeit inflationär bemühten 3D-Technik zu zeigen, dürfte deshalb die richtige sein. Das Spezialeffektegewitter hält sich hinter dem Seelendonner diesmal deutlich zurück. Für die Entscheidung, den Roman in zwei Teilen zu verfilmen, wird freilich nicht nur die Romanfülle , sondern auch das Gebot der letzten maximalen Gewinnausschöpfung gesprochen haben. Wobei Joanne K. Rowling, die inzwischen reich ist wie die Queen und mindestens so berühmt, immer mal wieder mit einer Fortsetzung kokettiert. Sie sollte sich besser den letzten Satz ihres Romanhelden in Erinnerung rufen: „Ich hatte für mein Leben Ärger genug.“