Ruhrgebiet.
In karnevalesken Pluderhosen und Hüten, die als Sonnenschirm für eine Kleinfamilie reichen könnten, stapfen vier Frauen auf wackeligen Manolo Blahniks durch den Wüstensand und provozieren erzürnte Muslime mit Kondomen: „Sex and the City 2“ ist angelaufen.
Wenn das Wünschen schon geholfen hat, bleibt nur Zufriedenheit. Der Traummann ist gefunden, das Wunschbaby geboren, der Idealsex erlebt. Nun fläzt sich der Traummann mit Schuhen aufs Sofa, das Wunschkind plärrt und die Libido kommt nur mit Hilfe von Hormonen in Schwung. „Sex and the City 2“ hätte ein spannender Film werden können. Über vier New Yorkerinnen, die nicht mehr Mädchen sind, sondern Frauen vor der Menopause, die in ihren teuren Apartments sitzen und Wunsch und Wirklichkeit vergleichen.
Ein Aufbäumen gegen die Alltäglichkeit
Der zweite Film zur Fernsehserie ist aber nur noch ein groteskes Aufbäumen gegen alle Alltäglichkeit, weitgehend verlegt nach Abu Dhabi – leider: Sex and the Scheichs, das will nicht zusammengehen. Miranda (Cynthia Nixon) ist nun eine erfolgreiche Anwältin mit Mann und Kind, Samantha (Kim Cattrall) ist auf ewig die Männervernascherin im Klimakterium, Charlotte (Kristin Davis) die Zweifachmutter mit Glatzen-Mann und einer Nanny ohne BH. Und Carrie (Sarah Jessica Parker) hat nach langen romantischen Wirren endlich die Ehe mit Mr. Big (Chris Noth) geschlossen.
Das Glück ist perfekt, und doch machen Männer immer wieder etwas, was sie besser nicht machen sollten: Flachbildschirme fürs Schlafzimmer kaufen. Freiraum fordern. Und so hat es sich Big fast selber zuzuschreiben, dass Carrie in Abu Dhabi einen anderen küsst – Größeres gibt es in diesem Film nicht zu verhandeln.
Vollends ins Phantastische abgehoben
Wer „Sex and the City“ bislang für eine postfeministische Lockerungsübung im alten Geschlechterkampf hielt, wird überrascht sein, wie ironiefrei und konservativ das Ganze diesmal vonstatten geht. Dass sich gerade die karrierebewusste Miranda entnervt aus dem Job mobben lässt, ist nur einen Halbsatz wert, genau wie Carries beruflicher Abstieg als Kolumnistin.
Der Film gibt sich als opulente 1001-Nacht-Geschichte, was dem Märchenhaften der Serie ja nahe kommt. Diesmal aber hebt der Film vollends ab ins Phantastische. Schon die Eingangsszene ist ein großer Kostüm-Trash, mit Schwänen und einem Gastauftritt von Liza Minelli. Darf man bei dieser von Filmemacher Michael Patrick King mit schriller Hingabe erdachten Schwulen-Hochzeit noch Selbstironie erkennen, vergessen die vier Fashion-Ladies in ihrem orientalischen Luxus-Traum das Augenzwinkern. In karnevalesken Pluderhosen und Hüten, die als Sonnenschirm für eine Kleinfamilie reichen könnten, stapfen sie auf wackeligen Manolo Blahniks durch den Wüstensand und provozieren erzürnte Muslime mit Kondomen. Dazu relativieren sie den Verhüllungszwang für Frauen mit einer zweifelhaften Pointe. Denn, siehe da: Auch unter der Burka trägt man Gucci und Chanel. Konsum verbindet, die Mädels delektieren sich an maßlosem Prunk und Protz.
Was bleibt nach der Befreiung? Tradition!
Und doch zieht sich bei dieser fast kindlichen Begeisterung für das blinkende Goldspielzeug eine leise Wehmut durch den Film. Die Leerstellen des Lebens, sie sind mit teuren Schuhen und launigen Bonmots nicht zu kaschieren. Was kommt nach der hedonistischen Selbstbefreiung? „Tradition“, sagt Carrie – wenn man sie nach eigenem Stil gestalten kann. Vielleicht könnte Chanel noch ein Markenschild annähen.