Essen. Independent-Regielegende Jim Jarmusch ("Night on Earth", "Broken Flowers") macht einen Ganovenfilm ohne Thrill: "The Limits of Control" mit Isaach De Bankolé und Tilda Swinton.

Ein Mann, kein Wort. Isaach De Bankolé, der geheimnisvolle Fremde, wird als einer der schweigsamsten Helden in die Filmgeschichte eingehen. Man muss später nicht mal seinen Namen erinnern. Jim Jarmusch hat ihm keinen gegeben. Der Blondine auch nicht. Genauso wenig wie der Nackten, der Violine und dem Mexikaner. Standardfiguren einer Gangstergeschichte aus den Siebzigern. Man könnte nun eine smarte Agentenpersiflage mit schrägen Typen und subversivem Witz erwarten. Man bekommt sie aber nicht.

Vier Jahre liegt Jarmuschs letzter Film zurück: „Broken Flowers”, ein entspannt-skurriles Roadmovie mit dem verschrobenen Bill Murray als Vater wider Wissen, der mit einem rosa Brief und dauerverdötschtem Gesicht durch Amerika geisterte.

Glatt gebügelte Mimik

Jarmuschs aktueller Titelfigur Isaach De Bankolé ist jede lesbare Regung aus dem Gesicht gewichen; Teflon-Teint. Seine Mimik wirkt so glatt gebügelt wie die maßgeschneiderten Anzüge, mit denen der „Lone Man” durch Spanien reist: Madrid, Sevilla, bis ins andalusische Hinterland. Der Film hat großartige Bilder (Kamera: Christopher Doyle), viel Bewegung, aber kaum Handlung. „Lone Man” scheint ein Auftragskiller auf Dienstreise zu sein. Nach dem Aufwachen macht er Tai Chi, dann trinkt er zwei Espressi. Zum Nachtisch schluckt er die Geheimbotschaften, die ihm kuriose Gestalten in Zigarettenschächtelchen zuspielen.

Für diese kryptischen Kurzauftritte tritt die erste Schauspielgarde an: Tilda Swinton ganz in Weiß, John Hurt mit der Gitarre, Gael Garcia Bernal als Mexikaner. Man weiß um die Meisterschaft Jarmuschs, aus wenigen Blicken, Bildern und Bewegungen magische Filmmomente zu zaubern. Kinoerlebnisreisen anzustoßen, die ohne Richtung und Ziel trotzdem auf Kurs bleiben. Doch diesmal wirkt die stilistische Übung arg ambitioniert. Jedes Bild sucht hier den kunstgeschichtlichen Rahmen, jedes Zitat den großen Zusammenhang, jede Idee den philosophischen Überbau. Zur Einstimmung gibt's Rimbaud: „Hinab glitt ich die Flüsse, von träger Flut getragen.”

Kein Handlungsstrudel, nirgends

Und fürwahr: Es gibt keine erzählerischen Stromschnellen, nicht mal einen veritablen Strudel, der einen wirklich hineinziehen könnte in die Geschichte. „The Limits of Control” bleibt ein langer, kontemplativer Bilderfluss. Bill Murray springt irgendwann noch auf dieses karge Floß aus grobbehauenen Erzählsträngen auf und sorgt für ein dramatisches Finale. Aber da ist die Story schon weit abgetrieben ins Nirwana des Experimentellen.

Ein Gedankenspiel über die Bedeutung der Worte und der Wahrnehmung, das vermutlich nur eingeschworenen Jarmusch-Fans wirkliche Begeisterung entlockt. Dem Rest bleibt beredtes Schweigen.