Essen. Im Remake des Thrillers "Die Entführung der U-Bahn Pelham 123" macht Regisseur Tony Scott einen soliden Job - nicht ganz leicht bei den guten Erinnerungen an das Original mit Walter Matthau. In den ersten Minuten könnten Zuschauer allerdings meinen, ihr Hirn sei in einen Mixer gefallen.

Eine U-Bahn wird mitten in New York entführt, Geiseln inklusive, und die Stadtverwaltung um zehn Millionen Dollar erpresst. Die Bedingungen sind rüde: In einer Stunde soll das Geld da sein, sonst wird pro Minute eine Geisel liquidiert. Vor 35 Jahren, als Joseph Sargent „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123” drehte, war es nur eine Lösegeldsumme von einer Million. Doch die Zeiten haben sich geändert, jetzt, da Tony Scott mit „Die Entführung der U-Bahn Pelham 123” eine Neuverfilmung gewagt hat.

Der Choleriker aus Travoltas Standardrepertoire

Seine Handschrift ist unverkennbar: Gleich die Vorspannsequenz ist derart rasant geschnitten, die Bilder ruckartig verändert, dass man als Zuschauer meinen könnte, das Gehirn sei einem in den Mixer gefallen. Die Aufgeregtheit der Sequenzen endet, als das fernmündliche Duell seinen Anfang nimmt. Aus dem zynischen Bullen Garber (einst Walter Matthau) ist mit Denzel Washington ein in den Innendienst strafversetzter Angestellter geworden. Und Robert Shaw, damals der coole Gegenspieler, ist nicht glücklich gegen John Travolta ausgewechselt worden, der Ryder als Choleriker aus seinem Standardrepertoire gibt.

Allen guten Erinnerungen an das Original zum Trotz muss man Tony Scott einen soliden Job zubilligen. Immerhin gelingt es ihm, hinter der Fassade des vermeintlichen Saubermannes Garber immer ein wenig Zwielicht aufscheinen zu lassen. Und selbst Travolta lässt etwas von der Einsamkeit seiner Figur spüren, wenn er seinen Verhandlungspartner zum vielleicht letzten Freund seines Lebens aufbauen will und das Telefon als Beichtstuhl nutzt. Das Drehbuch von Brian Helgeland („Mystic River”) schärft die Komponente, die solche spektakulären Coups heute haben: Weil in den USA bei so etwas als erstes an Terroristen gedacht wird, bauen die Gangster auf diesen zusätzlichen Angstfaktor.

Von Angesicht zu Angesicht

Die Idee mit den unterschiedlichen Farben als Decknamen für die U-Bahn-Gangster (die Quentin Tarantino später in „Reservoir Dogs” kopierte) muss entfallen, weil außer Travolta kaum einer zum Charakter reifen darf. Dafür wächst die Rolle von New Yorks Bürgermeister deutlich. James Gandolfini („Sopranos”) spielt ihn als abgebrühten Berufspolitiker – korrupt, verhasst, in Scheidung lebend – dem die Menschen nicht viel bedeuten, der aussteigen will aus dem Politzirkus.

Scott verlegt den Showdown zwischen Ryder und Garber auf eine Eisenbahnbrücke, fernab vertrauter Räume, ohne Telefon und Laptop. Die Auseinandersetzung läuft nun von Angesicht zu Angesicht, was beide ein wenig zögern lässt in den Aktionen. Ein schöner, finaler Moment.