Essen. In Sandra Nettelbecks „Helen” spielt Ashley Judd eine depressive Musikprofessorin. Der Film kommt gerade recht zur gegenwärtigen Diskussion um das Thema Depression. Dieses leise Porträt einer Kranken überzeugt, weil es auf alle Erklärungsmuster mit hausbackener Küchenpsychologie verzichtet.
Seit dem Freitod von Robert Enke versammeln sich auf dem Fernsehschirm ganze Heerscharen von selbst berufenen Depressionsexperten. Kaum eine Talk-Sendung, in der nicht alle irgend etwas über diese Krankheit sagen und anschließend bekennen, dass man darüber ja eigentlich gar nichts sagen kann. Allen, denen dieses Gewäsch über eine tragische Krankheit auf die Nerven geht, sei „Helen” von Sandra Nettelbeck empfohlen.
Nach der Kochkomödie „Bella Martha” und dem Kinderfilm „Sergeant Pepper” wendet sich die Regisseurin diesmal dem Drama zu und beweist, dass sie auch dieses Genre souverän beherrscht. Der Film erzählt die Geschichte der Musikprofessorin Helen (Ashley Judd) , die mit Ehemann David (Goran Visnjic) und Tochter Julie (Alexia Fast) ein nahezu perfektes Leben führt. Oder doch zumindest führen könnte. Doch irgend etwas lastet auf Helens Seele, wie bereits die Eingangssequenz ihrer scheinbar unbeschwerten Geburtstagparty deutlich macht.
Verzicht auf Erklärungen
Helen
Deutscher Kinostart: 26. November 2009
Regie: Sandra Nettelbeck
Darsteller: Ashley Judd, Goran Visnjic, Lauren Lee Smith u.a.
Mit zunehmender Dauer zieht sie sich immer mehr in sich selbst zurück, verschmäht die bemühten Zuwendungen von Mann und Tochter, die hilflos mit ansehen, wie ihre geliebte Helen ihnen immer mehr entgleitet. Auch ein stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie bringt keine Hilfe. Einzig Helens ehemalige Schülerin Mathilda (Lauren Lee Smith), die sich selbst mit psychischen Problemen herumschlägt, scheint Zugang zu ihr zu finden.
Dieses leise Porträt einer Kranken überzeugt in erster Linie durch den Umstand, dass es auf alle Erklärungsmuster mit hausbackener Küchenpsychologie verzichtet. Wo sich Sandra Nettelbeck aller Mutmaßungen über mögliche Ursachen enthält, bleibt nur das minutiöse Protokoll eines Verfalls, dem alle Beteiligten nur hilflos zusehen können. Dabei vollzieht der Film das Fortschreiten der Depression durch eine zunehmend entsinnlichte (Farb-)Ästhetik nach. Zudem liefert Ashley Judd hier mit reduzierter, aber deshalb umso stärkerer Mimik die vermutlich beste Leistung ihrer bisherigen Karriere ab.