Essen. Verbotene Lust, Seelenpein und Menschen am Abgrund - Matthias Glasners neuer Film "This Is Love" mit Corinna Harfouch, Jürgen Vogel und einem herausragende Jens Albinus ("Der Adler") ist wie ein Tanz auf der Rasierklinge.
This is Love
Deutscher Kinostart: 19. November 2009
Regie: Matthias Glasner
Darsteller: Corinna Harfouch, Jens Albinus, Jürgen Vogel, Devid Striesow u.a.
Der Titel ist eine Provokation: Wenn Liebe tatsächlich das verursacht, was Matthias Glasner in seinem neuen Film „This Is Love” an Seelenpein offenlegt, dann sollte man sich vor jedem zärtlichen Gefühl fürchten. Aber Glasner ist ohnehin der Mann fürs Düstere im deutschen Film. Sein letztes Werk „Der freie Wille” konfrontiert das Publikum zweieinhalb Stunden mit der Perspektive eines notorischen Vergewaltigers.
Auch „This Is Love” versucht wieder den Tanz auf der Rasierklinge. Diesmal ist es ein Fall von offensichtlicher Pädophilie, die bei dem Dänen Chris (herausragend: Jens Albinus) jedoch unter der Oberfläche brodelt, die zu beherrschen er gelernt hat. Chris holt mit seinem Kumpel Holger (Jürgen Vogel) Minderjährige aus asiatischen Kinderbordellen, um sie in Europa an adotionswillige Paare zu vermitteln. Bei der neunjährigen Jenjira allerdings hakt es: Chris verweigert die Herausgabe des Mädchens, gaukelt sich selbst eine nur brüderliche Zuneigung vor – und leidet dabei wie ein Hund.
In der Hölle der Gefühle
Der zweite Erzählstrang des Films verspricht kaum mehr Hoffnung. Da geht es um die trunksüchtige Kriminalkommissarin Maggie (Corinna Harfouch), die vor 16 Jahren von ihrem Mann von einem Tag auf den anderen ohne Erklärung verlassen wurde. Das Verhältnis zur Tochter ist zerstört, was der Beamtin bleibt, sind durchzechte Nächte mit ihrem Saufkumpan (Ernst Stötzner). Kommunikation beginnt bei den beiden erst nach dem ersten Schnaps, reichlich abgefüllt glauben sie dann tatsächlich an eine gemeinsame Zukunft.
Wenn Chris und Maggie schließlich in einem Verhörraum aufeinandertreffen, begegnen sich da zwei Gezeichnete des Schicksals, zwei Menschen am Abgrund, die aus Frage und Antwort so etwas wie einen Schicksalsdialog machen. Der Däne hat daheim in der Wohnung einen Toten liegen, die Neunjährige ist verschwunden, das Schweigen des Verdächtigen aber ist beharrlich. Maggie hat gerade erfahren, dass ihr Kollege (Devid Striesow) aus sehr eigennützigen Gründen am Verschwinden von Maggies Ehemann nicht unschuldig ist. Da hocken zwei in der Hölle der Gefühle und haben anscheinend aufgegeben, das Feuer löschen zu wollen.
Lebensmüder Blick
Jens Albinus (bekannt durch die TV-Serie „Der Adler”) ist vor allem schauspielerisch das Zentrum des Films. Die verbotene Lust, an der er schwer zu tragen hat, hat einen leicht gebückten Gang hervorgebracht, vielleicht auch diesen lebensmüden Blick, mit dem er die Welt als Feind betrachtet. Jede Szene mit ihm und der jungen Jenjira (Lisa Nguyen) ist ein Akt der Selbstbeherrschung, ein fiebriger Moment der Selbstverleugnung. Freund Holger ist da viel unkomplizierter: „Sie ist eine Professionelle”, meint er lakonisch und hat sich selbst längst bedient.
Glasners Filme sind das Gegenteil von dem, was man „Feelgood Movies” nennt. Aber was sich in seinen Filmen zwischen Menschen abspielt, das findet man bei kaum einem anderen.