Wuppertal. Das Filmprojekt "Die kommenden Tage" blickt mit deutscher Starbesetzung in die Zukunft der Republik. Susanne Lothar, Johanna Wokalek, August Diehl und Daniel Brühl spielen die Mitglieder einer im Zerfall begriffenen Familie. Gedreht wird derzeit in NRW.

Badlands Film

Malick steht Pate

Die Produktionsfirma Badlands Film hat sich nach einem Film von Terrence Malick benannt. Sie verweist damit auf den Geist der New-Hollywood-Bewegung der 1970er Jahre. Der erste Film von Badlands ist Matthias Glasners Thriller „This is Love”, er wird noch in diesem Jahr ins Kino kommen. Jürgen Vogel will in seinem Regiedebüt von einer Liebe unter Hooligans in Ostdeutschland erzählen.

Der deutsche Film ist nicht gerade risikobereit, wenn es darum geht, extreme Geschichten zu erzählen. Beispielsweise eine Familiengeschichte, die in der bundesdeutschen Gegenwart beginnt, um sich dann 15 Jahre in eine nicht ungefährliche Zukunft fortzusetzen.

Der für seine Fernseh- und Kinoarbeiten mehrfach ausgezeichnete Regisseur Lars Kraume traut sich: „Die kommenden Tage” heißt sein Projekt, das er derzeit in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens realisiert. Aktuell befindet sich sein Tross gerade in Wuppertal.

»Es wäre mir zu billig, einen Part nur zu wiederholen»

Hier hat man die stuckreiche Villa gefunden, die im Film das Heim der im Zerfall begriffenen Familie Kuper ist, hier entstehen Anfang und Ende des über zweistündigen Films. Mutter Martha (Susanne Lothar) und Vater Walter (Ernst Stötzner) erleben, wie das Schicksal ihrer Töchter Laura (Bernadette Heerwagen) und Cecilia (Johanna Wokalek) bestimmt wird von den Männern, in die sie sich verlieben.

Cecilia rutscht mit Konstantin (August Diehl) in eine Terroristenszene, Lauras Kinderwunsch kann sich mit dem Aussteiger und Vogelfreund Hans (Daniel Brühl) nicht erfüllen. Philip, der jüngere Bruder der Schwestern, zieht derweil für Deutschland in einen hoffnungslosen Krieg um die letzten Ölfelder Asiens.

Kein klares Bild, was sie vor hat

Eine destabilisierte Familie zu zeigen in einer immer stärker destabilisierten Welt, das ist Kraumes Ansatz bei diesem Film, den er nicht als Science Fiction verstanden wissen will. „Gemeinhin steht am Anfang großer Zukunftsszenarios immer ein tiefer gesellschaftlicher Einschnitt”, erzählt er in Wuppertal. Mal sei das die atomare Verwüstung, mal eine weltumspannende Seuche. In „Die kommenden Tage” hingegen geht alles seinen gewohnten Gang, schlittert man eher unmerklich in immer stärker sich zuspitzende Verhältnisse. Weshalb die 6,5 Millionen-Produktion auch nicht allzu viel in Ausstattung und Spezialeffekte stecken muss.

Wie stark Schauspieler das Thema Zukunft beschäftigt, sieht man an der prominenten Besetzung, die Lars Kraume da zusammenbekommen hat. Johanna Wokalek beispielsweise wird man demnächst als Sönke Wortmanns „Die Päpstin” in den Kinos sehen. Hier erinnert die Rolle der Cecilia vage an ihre Verkörperung der Gudrun Ensslin im „Baader Meinhof Komplex”. Was sie natürlich in Abrede stellt: „Es wäre mir zu billig, einen Part nur zu wiederholen. Cecilia ist eher das Gegenteil der Ensslin, sie hat überhaupt kein klares Bild davon, was sie vor hat.”

Gedanken um die Zukunft

Viele Menschen haben Kraumes Filme gesehen. Er war beteiligt mit Drehbüchern und Regie an Folgen der ZDF-Serie „Kriminaldauerdienst”, gewann den Grimme-Preis für sein Pädagogen-Drama „Guten Morgen, Herr Grothe” und lieferte mit „Der frühe Abschied” einen verstörenden „Tatort” zum Thema „Plötzlicher Kindstod”. Im Kino verbuchte er mit „Keine Lieder über Liebe” einen Achtungserfolg, sein jetziges Projekt könnte das Eis brechen.

Seit zwei Jahren arbeitet er am Drehbuch von „Die kommenden Tage”, seit dem 20. August wird gedreht. Kraume ist dabei unter Freunden: Die Produktionsfirma „Badlands Film” gründete er gemeinsam mit dem Regie-Kollegen Matthias Glasner und dem Schauspieler Jürgen Vogel. Die Idee zum Film sei ihm bei der Geburt seines ersten Kindes gekommen, erstmals habe er sich da Gedanken über die Zukunft gemacht

Obwohl: „In meinem Film geht es weniger um ein Morgen. Es sind mehr die Probleme der Gegenwart, die hier ausgeweitet werden.”