Essen. . Liam Neeson spielt in dem Thriller “Run All Night“ einen abgehalfterten Auftragskiller, der seinen Sohn vor einem Mafiaboss (Ed Harris) schützen muss.

Der aus Irland stammende Liam Neeson ist einer der wenigen verbliebenen Schauspieler mit eigener unverwechselbarer Ausstrahlung. Seit sieben Jahren hat er den Status eines Publikumsmagneten für Hochspannungskino inne. Sein neuer Film „Run All Night“ unterstreicht das. Neeson ist Actionstar und er ist profitabel, weil die Filme um ihn herum nicht sonderlich teuer sein müssen.

Er ist die Attraktion vor der Kamera, weil man ihm die Rolle von einem, der in der Klemme sitzt und deshalb zu allem entschlossen ist, unbedingt glaubt. Trotzdem, in Amerika blieb dieser Film wie schon zuvor „Ruhet in Frieden“ hinter den Kassenerwartungen zurück.

In der Marketingfalle

Es scheint, dass Neeson in der Marketingfalle fest steckt, denn „96 Hours – Taken 3“ verkauft enorm viele Eintrittskarten, was den Schluss nahe legt, dass das Publikum seinen Star nur in einer ganz bestimmten Rolle sehen will; oder schlichter noch nur in Filmen sehen will, die einen ganz bestimmten Titel tragen. Das wäre allerdings enorm kurzsichtig, denn „Run All Night“ ist nach „Unknown Identity“ und „Non-Stop“ bereits Neesons dritte Zusammenarbeit mit dem Katalanen Jaume Collet-Serra und bietet die bewährten und immens wirkungsvollen Schauwerte diesmal im Gewand eines klassischen Gangsterfilms.

Ed Harris strahlt eine große Autorität aus

Liam Neeson spielt Jimmy Conlon, den in die Jahre gekommenen Auftragsmörder einer irischen Gangsterbande in New York und gibt sich zunächst als abgehalfterter Säufer zu erkennen. Schnell aber findet er zu gewohnter Gefährlichkeit und Effizienz zurück, als es gilt, seinen Sohn vor der Ruchlosigkeit eines gierigen Drogenhändlers zu schützen, der zufällig der Sohn von Conlons bestem Freund und Brötchengeber ist.

Den spielt Ed Harris, der mit 65 schon mächtig verwittert aussieht, mit seinen hellblauen Augen aber immer noch eine Autorität ausstrahlt, die im Falle leichtfertigen Widerspruchs schlimmste Konsequenzen in Aussicht stellt – und diese Warnung auch ohne Zaudern erfüllt.

Solides Gerüst aus alten Wildwestzeiten

Zwei alte Männer im Clinch, das ist ein solides Gerüst aus alten Wildwestzeiten, das auch hier dem Film Fleisch auf die Knochen gibt. Das Drumherum ist hingegen recht umständlich angelegt mit seinem Geflecht aus Nebenhandlungen um Conlons erkaltetes Verhältnis zu seinem viel zu lange uneinsichtigem Sohn (Joel Kinnaman, der für Dreitagebartmode gut geeignet ist), einen Polizisten (unterfordert: Vincent D’Onofrio) im Zeichen alter Fehden und einen Profikiller (der Rapper Common) mit extrem hartnäckiger Berufsauffassung. Nichts von all dem ist schlecht, aber es ist auch nie so gut ausgearbeitet, dass es wirklich interessieren müsste.

Die Regie hat das erkannt und belegt ihr Misstrauen ins Drehbuch damit, dass der Schnitt auch in Normalszenen auf hoch rasante Bildfolgen setzt. Dieses Stilmittel belegt aber auch, dass der Film ausschließlich auf männliches Publikum zielt; die beiden einzigen Frauenrollen jedenfalls sind auffällig knapp gehalten. Die Ignoranz einer weiblichen Zuschauerschaft wird der wahre Grund sein, dass „Run All Night“ hinter den geschäftlichen Erwartungen zurück blieb. Aber andererseits ist es eben eine Männerstory. Liam Neeson demonstriert Präsenz und Härte und wie immer macht er das richtig gut. Und nur das ist wirklich von Belang.

Wertung: vier von fünf Sternen