OBERHAUSEN. . Ameisen, Käfer und Schmetterlinge sind Künstler im Überleben: Wie die Artisten die Insektenwelt nachempfinden, erscheint unfasslich.
Gemeinsam ist man stärker: Wenn Ameisen ihren eigenen Staat bilden, dann liegt das vor allem daran, dass sie nur so die überwältigenden Aufgaben leisten können, um zu überleben. Im Cirque du Soleil ist das nicht anders: waghalsige Sprünge an steilen Wänden, kopfüber am Seil in schwindelerregenden Höhen – die vielbeinigen Artisten der Show „Ovo“ helfen ihrer Insekten-Kolonie, um die Nerven-Nahrung zu ernten: den Applaus der Zuschauer.
Die Krabbeltiere des Cirque du Soleil spielen scheinbar mühelos nach, was die Insektenwelt vorlebt. Seit 34 Jahren begeistert der kanadische Zirkus staunende Besucher. Bis Sonntag gastiert die Show in Oberhausen – Karten gibt es noch. „Ovo“ ist das Jubiläumsprogramm und bei der Premiere am Donnerstagabend in der König-Pilsener-Arena weiß der Zuschauer oft nicht, ob er überhaupt damit aufhören soll zu applaudieren.
Es zirpt aus jeder Ecke
Denn zwischen Grashalmen und Blüten trägt der quirlige Fliegenmann (der Schweizer Jan Dutler) das Riesen-Ei „Ovo“ auf dem Rücken; und weil er dabei unüberhörbar schnauft, bleibt das ungewöhnliche Objekt nicht lange verborgen. Klar, dass Spinnen, Heuschrecken und die dralle Marienkäferdame (die Brasilianerin Neiva Nascimento) neugierig sind. So trommelt „Master Flipo“ (der Österreicher Gerald Regitszhnid) als Chef der Insektenbande alle zusammen – und das Ei ist weg. Fortan ist die Suche nach Ovo zwar der rote Faden der Show – doch die schier unglaublichen Leistungen der Artisten stehen im Vordergrund.
So verschmelzen zwei Schmetterlinge am Seil hoch über den Köpfen in ihrem Paarungsflug zu einer Figur voll Grazie und Kraft, während eine Spinne im Handstand ihr Netz schließlich sogar auf einem Einrad auskundschaftet. Beim Wippen auf einem baumlangen Grashalm wird dem ungeübten Besucher nur durchs Zuschauen schwindelig und die Sprünge der Skarabäen knapp unterm Stadiondach rauben dann auch noch die dünne Höhenluft.
Die Kostüme sind derart kunstvoll und detailreich gestaltet, dass sie den Originalen mikroskopisch genau gleichen. Die auf die Bühnenwand projizierten Bilder erinnern an den heimischen Garten – mit der Nase im Gras. Es zirpt aus jeder Ecke und lässt so spielerisch erahnen, wie sich die träumerische Variante des geschrumpften „Ichs“ in der blühenden Flora mit Krabbelfauna fühlen könnte.
Zwar fehlt der klassische Clown mit roter Nase, doch für Kinder und lustig gestimmte Erwachsene ulkt die Marienkäferdame dann eben mit Master Flipo und schmachtet immerzu den surrenden Fliegenmann an. Rigoros verteilt sie die üblichen Slapstick-Ohrfeigen. Die beiden geflügelten Kontrahenten tragen einen „Schwertkampf“ nach Insektenart aus und stolpern buchstäblich über jeden Grashalm. „Brrrttt!“ für „Geh weg!“ und „Pffllüüütt!“ für „Komm her!“ sind jene Worte der Insektensprache, die wohl ganz natürlich entstehen, wenn eine internationale Truppe mit 50 Artisten aus 20 Ländern die Arena bespaßt.
„Ovo“ ist eine ganz eigene Welt, eine, in der alles Winzige riesig ist – doch wie war das gleich mit dem berühmten Beispiel aus der Chaosforschung: „Kann ein Schmetterling am Amazonas mit seinem Flügelschlag einen Orkan auslösen?“ In Oberhausen jedenfalls tobte ein hochverdienter Applaussturm.
>>> NOCH VIER VORSTELLUNGEN AM WOCHENENDE
„Ovo“, die Show, dauert zwei Stunden mit 20-minütiger Pause. Tickets sind für Samstag (16 und 20 Uhr) und Sonntag (13 und 17 Uhr) noch erhältlich.
Die Kartenpreise sind in drei Gruppen gestaffelt: Normalpreise von 57,80 bis 97 Euro, für Kinder bis 14 Jahren von 47 bis 79 Euro. Dieser Tarif gilt auch pro Person für Familientickets.