Auf seinem siebten Studioalbum „Für dich“ kämpft Xavier Naidoo wieder mit hintergründigen Mächten - und hinterlässt ein zweifelhaftes Gefühl.
Über die Stimme von Xavier Naidoo muss man nicht mehr viel sagen. Sie ist gut, sie ist unverwechselbar. Singen kann der Mannheimer damit alles: Soul, R&B, Gospel, Pop, laut, leise, hoch, tief. Tut er auch. Zwar ist der Stilmix auf seinem siebten Studioalbum mitnichten so divers, wie es der beiliegende Promo-Text anpreist. Im Rahmen des Erwartbaren bietet „Für dich“ aber doch immerhin Musik für die verschiedenen Stimmungslagen: Die derzeit so unumgänglichen treibenden Pop-Hymnen mit Feel-Good-Chor, zu denen man die Arme hochreißt und mit den Füßen stampft. Die mit düsterer Dramatik unterlegten Dringlichkeits-R&B-Balladen. Die triefende Liebeskummer-Nummer. Ein bisschen lockerer Retro-Soul. Alles da. Glatt und ohne Brüche arrangiert von Naidoos langjährigem Kumpanen Michael Herberger und dem Hit-Produzenten Jules Kalmbacher (Mark Forster, Cro, Imagine Dragons). Lieder für die nächste Staffel von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Lieder für die nächste Echo-Verleihung. Nicht revolutionär, aber eingängig.
Nein, daran, dass Naidoo sich auf sein Handwerk versteht, wird niemand zweifeln. Diskussionswürdig ist immer nur das, was Xavier Naidoo singt.
Um Liebe soll es gehen auf diesem Album. Um Liebe geht es – dazu muss man gar nicht richtig zuhören. Es reicht ein Blick auf die Titelliste: „Für dich“, „Gib mir Liebe“ oder „Bei dir sein“ steht da. Aber: Wenn man richtig zuhört – geht es da dann wirklich nur um Liebe?
Gar nicht mal so subtil
Zweifelhaft. Es bleibt halt doch ein mulmiges Gefühl, wenn Naidoo von „blutgierigen Monstern und tausend Gefahren“ singt, vor denen es die Nachkommen zu bewahren gilt, oder davon, dass er selbige darauf vorbereiten will, einen „Krieg zu bestehen“. Ohne Kampf-Rhetorik kommt der Mannheimer Moralist scheinbar einfach nicht aus. Und so tummeln sich zwischen vielen müden Reimen („Herz/Schmerz“, „Kinder/Winter“) auf dem Album auch einige gar nicht mal so subtile Hinweise auf dunkle Bedrohungen und hintergründige Mächte, die den Einzelnen brechen wollen. Ganz nach dem Motto „Das wird man ja wohl noch singen dürfen“ schreibt Xavier Naidoo Lieder für die sanfte Seite des Wutbürgers. „Bewaffnet mit Stift und Papier/eine eigene Meinung, ich gönne sie mir“, heißt es etwa in „Solange ich noch darf“.
Was für eine Kampfzone?
Bleibt allein die Frage: Bei aller Liebe, gegen wen kämpft dieser Mann? Wer hat ihm die Meinung je verboten? Über zu wenig Gehör kann Xavier Naidoo sich nämlich wirklich nicht beschweren. Seit beinahe 20 Jahren schaffen seine Alben es ausnahmslos an die Spitze der deutschen Charts.