Hamburg. Nach Bekanntwerden einer verfälschten Online-Abstimmung beim ZDF hat der NDR im eigenen Haus nach ähnlichen Fällen geforscht. Und wurde fündig - bei gleich mehreren Ranking-Shows. Der DJV sieht die Glaubwürdigkeit gefährdet.

Nach dem Skandal bei der ZDF-Show "Deutschlands Beste!" hat auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) Unregelmäßigkeiten bei einigen Ranking-Shows festgestellt. Betroffen seien Sendungen wie "Die spektakulärsten Rücktritte", "Die beliebtesten Party-Hits" und "Die schönsten Mühlen Norddeutschlands". Seit 2011 sei in 9 von 58 Produktionen die Rangfolge von nichtrepräsentativen Online-Votings verändert worden. Das ergab eine am Freitag veröffentlichte Untersuchung, die der NDR nach Bekanntwerden der Vorgänge beim ZDF eingeleitet hatte. Platzierungen wichen ab, "weil Bildrechte fehlten, die Materiallage schlecht war oder aus dramaturgischen Gründen".

NDR-Intendant Lutz Marmor bezeichnete die festgestellten Fälle als nicht hinnehmbar, "vor allem auch weil sie nicht transparent gemacht wurden, selbst wenn sie im Einzelfall in ihrer Tragweite überschaubar erscheinen mögen". Es gebe neue Leitlinien zum Umgang mit Online-Votings. Arbeitsrechtliche Konsequenzen würden geprüft. "Zudem sollen Online-Votings im NDR künftig restriktiver eingesetzt werden."

"Medien müssen Zuschauerbeteiligung ernster nehmen"

Der NDR-Rundfunkrat begrüßte die neuen Regeln. Seine Vorsitzende Ute Schildt sagte: "In einigen Fällen sind wichtige Grundsätze missachtet worden, und mehrmals mangelte es an der nötigen Sorgfalt."

Auch interessant

Der Journalisten-Verband DJV sieht angesichts der jüngsten Fälle Glaubwürdigkeit gefährdet. "Der aktuelle Fall beim NDR zeigt einmal mehr, dass Medien Votings oder andere Formen der Zuschauerbeteiligung ernster nehmen müssen. Sonst verspielen sie die Glaubwürdigkeit bei den Zuschauern", sagte Sprecher Hendrik Zörner der Deutschen Presse-Agentur.

Der NDR berichtete, wie es zu den Manipulationen gekommen war. Zum Beispiel wurde in der Langfassung des Rankings "Die bedeutendsten Norddeutschen" im Oktober 2011 der Platz acht von einer ein Jahr zuvor ausgestrahlten Kurzfassung geändert. Der Humorist Loriot wurde durch die verstorbene Kanzlergattin Loki Schmidt ersetzt. "Der Grund lag in fehlenden Senderechten für die verwendeten Loriot-Ausschnitte."

Fehlende Senderechte und besseres Bildmaterial

Bei der Sendung "Die schönsten Gärten und Parks des Nordens" im Dezember 2013 wurde der Elftplatzierte (Der Park "Planten un Blomen", 81 Klicks) auf Rang zehn vorgezogen, auf dem tatsächlich der Rhododendronpark Ammerland (88 Klicks) gelandet war. Der Grund: "Für "Planten un Blomen" stand besseres Bildmaterial zur Verfügung."

Auch bei einzelnen Radiosendungen des NDR seien Votings nicht immer eins zu eins gezählt worden. Allerdings hätten die Verantwortlichen hier auf Beeinflussungsversuche durch Mehrfachabstimmung reagiert.

Vor vier Wochen hatte das ZDF Manipulationen bei der Show "Deutschlands Beste!" eingeräumt. Redakteure hatten beim Zweiteiler im Juli eine repräsentative Forsa-Umfrage verfälscht und eingeladene Gäste hochgestuft. Im Zuge des Skandals war Unterhaltungschef Oliver Fuchs zurückgetreten, zwei Redakteurinnen wurden abgemahnt. (dpa)