Essen. . Das Fernsehjahr dauert von September bis Juni. Dazwischen liegt die Sommerpause, in der Neustarts so selten wie die Blaue Mauritius sind, zumal in einem WM-Jahr. Zeit, Bilanz zu ziehen. Zu den auffälligsten Flops zählen auch ein paar alte Bekannte.

Lange Tage, kurze Nächte: Das ist Quoten-Gift, zumal dann, wenn obendrein die Fußball-WM läuft. Kein Wunder, dass neue Filme und Shows derzeit zur Sommerpause verdammt sind. Zeit, Bilanz der abgelaufenenTV-Saison zu ziehen. Da die Unterhaltungsbranche ein Hochrisiko-Gebiet ist, gibt es deutlich mehr Flops als neue Hits. Mal klappte ein Neustart nicht, mal ging eine Ära zu Ende.

1. „Alle auf den Kleinen“, RTL. Oliver Pocher gehört zu den meistüberschätzten Moderatoren des Fernsehens. Zwar verwechselt der inzwischen 36-Jährige nicht mehr „dreist“ mit „witzig“, aber den Nachweis seines Talents ist der gebürtige Hannoveraner bisher schuldig geblieben. Seine Show „Alle auf den Kleinen“ war ein müder Abklatsch von „Fünf gegen Jauch“ und „Schlag den Raab“. Das Publikum stimmte schließlich mit der Fernbedienung ab.

2. „Borgia“, ZDF. Damit hatte nun wirklich niemand gerechnet: dass die internationale Multi-Millionen-Euro-Serie im Niemandsland des Vergessens landen würde. Denn die erste Staffel der Historien-Serie erwies sich mit einem wilden Mix aus Sex, Gewalt und einem Hauch von Bildungsfernsehen als Fernseh-Hit. Doch bei der zweiten Staffel stellte sich heraus, dass das Konzept doch arg schwachbrüstig war. Schwache darstellerische Leistungen ergänzten sich unheilvoll mit einer dünnen Geschichte.

3. „Der Vorkoster“, ARD. Nicht alles, was im Dritten funktioniert, erreicht auch im Ersten sein Publikum. Dass mussten der WDR und sein „Vorkoster“ Björn Freitag lernen. Am Sonntagabend mochte kaum ein Zuschauer für den Leckerschmecker aus dem Ruhrgebiet erwärmen. Und ganz nebenbei offenbarte der Misserfolg, dass das Genre Kochshow ausgenudelt ist. Auf ähnlich schwache Resonanz wie Schalkes Vereinskoch stieß Kollege Frank Rosin. Letztlich kam der Sternekoch aus Dorsten mit seiner Kochlöffelquälshow bei Sat.1 in „Hell’s Kitchen“.

4. „Die Show der unglaublichen Helden“, ARD. Bei der Weltmeisterschaft zählt Matthias Opdenhövel, wie sein ZDF-Kollege Oliver Welke, oft zu den Aktivposten – nicht nur wegen seiner Kritik an den „Fifa-Flöten“. Mit seinen Show hat der Raab-Zögling indes deutlich weniger Glück – was nicht nur an einer äußerst unglücklichen Programmierung lag. Opdenhövel musste an jenem Samstagabend gegen die Premiere des ZDF-Rückkehrers Johannes B. Kerner antreten – und gegen „The Voice of Germany“ bei Sat.1. Den Dreikampf hatte übrigens eine vierte Produktion gewonnen: die Wiederholung eines Münster- „Tatorts“ aus dem Jahr 2002.

5. „Fashion Hero“, ProSieben. Der Münchner Sender wollte seinen Erfolg von Heidi Klums Dauerbrenner „Germany’s Next Top Model“ strecken – und verpflichtete ihre nicht minder prominente Kollegin Claudia Schiffer. Doch die Suche nach dem „Fashion Hero“ geriet nur bei der Werbezeiten-Vermarktung zum Hit. Design oder Nicht-Sein: Das Publikum entschied sich für Letzteres.

6. „Inka“, ZDF. Die Mainzer mussten erleben, dass prominente TV-Gesichter bei einem Sender-Wechsel nicht automatisch ihr Publikum mitbringen. So erfolgreich Inka Bause mit der RTL-Show „Bauer sucht Frau“ ist, so jämmerlich scheiterte die Moderatorin als Nachmittagsplauderin im Zweiten. Der Flop war absehbar. Im Privatfernsehen haben die Dauer-Quassler längst ausgeplaudert.

7. „Die Millionärswahl“, ProSieben. Die Ankündigung der Show las sich wie die Neuerfindung des Rades. Ein Millionär, hieß es, solle erstmalig demokratisch gewählt werden. Doch Konzept und Kandidaten überzeugten so wenig, dass die mit Tamtam angekündigte TV-Innovation schließlich kaum beachtet durch die unendlichen Weiten des Internet zum traurigen Ende trudelte.

8. „Lange undercover“, Sat.1. Das Fernsehen lebt, wie viele andere Branche, von sogenannten Me-Too-Produktionen: Punktet ein Sender mit einer pfiffigen neuen Idee bei den Zuschauern, findet sie bei der Konkurrenz schnell Nachahmer. Jüngstes Beispiel: RTL erreichte mit Günter Wallraffs Burger-King-Report maximale Aufmerksamkeit. Der Sender profitierte nicht nur von einer guten Quote, sondern erzielte mit der durch die Sendung angezettelte Diskussion auch einen Image-Gewinn. Genau das reizte Sat.1, mit „Lange undercover“ nachzuziehen. Doch der Versuch endete mit einem Desaster. Daniel Langes skandalisierendes Format war selbst skandalös. Die Rede war von bezahlten Darstellern und gestellten Szenen.

9. Die deutsche Serie, ARD/RTL. Gewohnheitstier Publikum: Bei der Wahl einer Serie setzt es auf Hergebrachtes. Während der Neustart des ZDF-Krimis „Ein Fall für zwei“ gelang, weil das Strickmuster der Fälle unverändert blieb, fielen neue Formate reihenweise durch. RTL zog bei etlichen SitComs die Notbremse, angefangen bei „Sekretärinnen – Überleben von 9 bis 5“, aufgehört bei „Doc Meets Dorf“. Und für die ARD bleibt der Vorabend eine Todeszone. Das Publikum meidet die sogenannten Schmunzelkrimis der Reihe „Heiter bis tödlich“, als sei das pure Anschauen krebserregend.

10. „Wetten, dass..?“, ZDF. Er hat alles geben, und es hat nicht gereicht: Markus Lanz ahnte bei seinem Amtsantritt, dass er als Nachfolger von Thomas Gottschalk eine „Mission Impossible“ - eine unlösbare Aufgabe – antreten würde. Jetzt hat der Gaudibursch aus Südtirol Gewissheit. Zuletzt waren seine Quoten im freien Fall, und das ZDF konnte nur noch den Stecker ziehen. Immerhin hat Lanz treue Fans, die ihm im Dezember einen würdigen Abschied bereiten wollen. Die Ticket-Nachfrage war deutlich größer als das Angebot.