Essen. Der Fernsehsender Sport1 hat das Pokalspiel zwischen Rot-Weiss Essen und MSV Duisburg live übertragen. Mit den teilweise chaotischen Ereignissen auf den Tribünen waren der Moderator Jörg Dahlmann und die Regie aber offenbar überfordert. Vor allem bei Twitter hagelte es Kritik für die Übertragung.
Mit Rot-Weiss Essen gegen MSV Duisburg standen sich im Halbfinale des Niederrheinpokals zwei Traditionsmannschaften aus dem Ruhrgebiet gegenüber. Mehr als 20.000 Fans sahen sich dieses Spektakel im Stadion an. Erstmals war die neue Spielstätte an der Hafenstraße ausverkauft. Auf welch großes Interesse diese Begegnung zwischen dem Regionalligisten RWE und dem Drittligisten MSV stoßen würde, hatte im Vorfeld auch der Fernsehsender Sport1 erkannt.
Im Durchschnitt hatten 600.000 Zuschauer eingeschaltet. In der Spitze schalteten beim Elfmeterschießen sogar 1,3 Millionen Zuschauer ein. Zum Vergleich: Der Pay-TV-Sender Sky erzielte mit der Live-Übertragung des Viertelfinal-Rückspiels in der Champions League zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid (2:0) mit 1,23 Millionen eine Saison-Rekordquote.
Mit der Entscheidung das Spiel live zu übertragen, hat der Sender bei vielen Fußballfans im Ruhrgebiet Sympathiepunkte eingefahren. Zumindest bis das Spiel angepfiffen wurde. Danach hagelte es in den sozialen Medien Kritik für Moderation und Regie:
Angefangen hat es damit, dass der Moderator Jörg Dahlmann in der ersten Halbzeit allerlei Gäste an seinem Mikrofon hatte und mit diesen über alles, aber nur selten über das Spiel geredet hat, das da gerade lief. So erzählte beispielsweise das RWE-Original Willi “Ente” Lippens von Stan Libuda, der ehemalige Sportdirektor der Essener, Thomas Strunz, berichtete von der Insolvenz der Rotweißen. Und und und.
Bengalos, gestohlene Fahnen und Platzsturmversuch
Zu diesem Zeitpunkt fragten viele Nutzer bei Twitter bereits nach, ob Sport1 denn nicht wenigstens eine "Schalte-den-Moderator-auf-Stumm-Funktion" hat, wenn dieser schon nicht das Spiel kommentiert.
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Richtig ins Schwimmen gerieten Dahlmann und Sport1 aber erst in der zweiten Halbzeit, als zunächst im MSV-Block zahlreiche Bengalos und Leuchtraketen gezündet und auf das Spielfeld geworfen wurden, im Essener Fanblock Teile einer zuvor gestohlenen MSV-Fahne gezeigt wurden und als einige Vermummte versuchten das Spielfeld zu stürmen. In der Folge bezogen mehrere Hundertschaften der Polizei Stellung vor den Fanblöcken und die Partie wurde für rund eine halbe Stunde unterbrochen. Die Ereignisse überforderten Jörg Dahlmann und Sport1 offenbar. Der Moderator sprach mal von Ultras, dann von Hooligans, die das Spielfeld stürmen wollen und holte sich irgendwann die Duisburger Vereinslegende Bernard Dietz ans Mikro. Dietz sprach dann von erschreckenden Entwicklungen in der Gesellschaft, die man hier beobachten könne. Davon, dass man sich “nicht mehr auf die Straße trauen kann” und forderte "Knast für die Randalierer ohne große Juristerei".
Winken bei Sport1 verboten
Spätestens hier hätte der Moderator eigentlich einspringen und die Situation einordnen müssen. Denn während Dietz ein düsteres Szenario der Gesellschaft zeichnete, konnte jeder Fernsehzuschauer sehen, dass es im Essener Fanblock völlig ruhig zuging. Die Polizei hatte sehr schnell reagiert als ein Fluchttor auf der Tribüne geöffnet wurde und einige Randalierer versuchten auf das Spielfeld zu gelangen. Hätte man nur den Ton und kein Bild von Sport1 empfangen, hätte man glauben müssen in Essen spielen sich Bürgerkriegsszenen ab. Und weil in die Kamera winkende Menschen zu so einem Schlachtfeld-Bericht nicht passen, forderte Dahlmann eben solche TV-Winker auf, das Winken zu unterlassen.
Während der Spielunterbrechung schaltete Sport1 dann auch immer wieder in die Rüttenscheider 11Freunde Bar, von wo aus der Sender seine Fußball-Talkrunde sendete. Thema dort: Das anstehende Champions-League-Rückspiel des BVB gegen Real Madrid. Dass der Zuschauer ja eigentlich bei der Übertragung RWE gegen MSV war, wurde scheinbar verdrängt. Mehrfach wurde dann zwischen Dahlmann im Stadion, der Talkrunde in Rüttenscheid mit Bochum-Trainer Peter Neuruer und der Werbung hin und her geschaltet.
Werbung statt Fußball
Als dann nach fast 30 Minuten Unterbrechung das Pokal-Halbfinale zwischen Essen und Duisburg wieder angepfiffen wurde, wo es rund zwölf Minuten vor Ende immernoch 0:0 stand, war Sport1 noch in der Werbeunterbrechung. Und der Sender hat den Reklameblock auch durchgezogen und nicht etwa zurück zum Geschehen auf dem Rasen geschaltet.
Das war vielen Twitter-Nutzern dann zu viel. Im Netz hagelte es Kritik an der ganzen Übertragung von Sport1. Zum Beispiel: "Gibts eigentlich einen Anti-Grimme-Preis für den schlechtesten TV-Abend? Sport1 und Dahlmann hätten ihn verdient."