Köln. . Die schlechte Nachricht: Er kommt am Sonntag erst um 21.45 Uhr. Die gute Nachricht: Die Kölner „Tatort“-Episode ist die beste seit langem. Tessa Mittelstaedt verabschiedet sich auf grandiose Weise. Und ihr Gegenspieler Hendrik Schönemann zeigt, dass er mehr kann als komische Figur.

Auf ihre alten Tage ist die „Tatort“-Reihe immer stärker zu einem Selbstläufer geworden, bei dem es auch schwächere Produktionen mühelos auf Einschaltquoten von über sieben Millionen bringen. Auch die Beiträge aus Köln schaffen das, obwohl das Kommissar-Duo sich hier oft genug mit Drehbüchern herumschlagen muss, die das Interesse über 90 Minuten nur schwerlich aufrechterhalten können.

Hat man dann aber mal eine wirklich brisantes Stück wie „Tatort: Franziska“ (ARD, Sonntag, 22 Uhr), dann zeigt man gleich Skrupel, verschiebt den Sendebeginn lieber auf einen Spätabendtermin. Wegen des „Gesamtbedrohungspotenzials“, wie es WDR-Fernsehspielchef Gebhard Henke so schön öffentlich-rechtlich ausdrückt und deshalb wohl Fürsorgepflicht fühlt.

Der Film trägt den Namen von Franziska Lütgenjohann (Tessa Mittelstaedt), seit mehr als zwölf Jahren der gute Geist im Umfeld der Ermittler Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt). Dass sie allerdings nicht nur gut vom Schreibtisch aus recherchieren kann, sondern nebenbei auch noch als Bewährungshelferin tätig ist, das erfahren wir hier zum ersten Mal.

Gleich zu Beginn betritt sie das Kölner Gefängnis, um den Mörder und Vergewaltiger Daniel Kehl (Hinnerk Schönemann) zu besuchen, der kurz vor seiner Entlassung steht. Gerade hat man sich noch friedlich über Zukunftspläne unterhalten, da dreht Kehl plötzlich durch, verbarrikadiert das Zimmer und nimmt Franziska als Geisel. Als Grund gibt er seiner Helferin gegenüber an, dass ein Mithäftling erstochen worden sei und man ihm den Mord in die Schuhe schieben wolle.

Schenk und Ballauf agieren mehr im Hintergrund

Nun stehen Geiselnamen nicht gerade selten im Zentrum von „Tatort“-Filmen, ohne dass man gleich an eine Verschiebung denken würde. Was Regisseur Dror Zahavi („München 72“) hier jedoch aus einer vermeintlichen Standardsituation herausholt, das übersteigt tatsächlich Grenzen.

Schon die Besetzung des Täters mit einem Schauspieler wie Hinnerk Schönemann ist ein Coup: Man kennt ihn vor allem als komischen Sidekick von Mariele Millowitsch in den „Marie Brand“-Krimis, als Darsteller vor allem schräger Typen wie dem Privatdetektiv Finn Zehender in diversen ZDF-Montagsfilmen.

Man begegnet ihm also eher mit Sympatie, wie er da anfangs mit Franziska Smalltalk macht, blendet die Untaten seiner Kehl-Figur ganz aus. Und selbst als die Geiselname beginnt, erwartet man nicht eine derartige Eskalation der Ereignisse.

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Tessa Mittelstaedt zeigt schauspielerische Qualitäten

„Franziska“ wird mehr und mehr zu einem Kammerspiel und funktioniert vielleicht gerade deshalb so gut, weil plötzlich alles anders ist, als man das in einem Köln-„Tatort“ normalerweise erwartet. Schenk und Ballauf agieren diesmal eher im Hintergrund, während im Sprechzimmer des Gefängnisses ein Psycho-Duell anhebt, dass dem Zuschauer einiges abverlangt.

Vor allem der Kabelbinder um Franziskas Hals, den Kehl im Laufe der Zeit immer enger zuzieht, nagt an den Nerven. Und wenn man dann die wahren Motive des Geiselnehmers zu ahnen beginnt, weiß man, dass das Ende niederschmetternd sein wird.

Kein Trost, keine Gerechtigkeit, nur Düsternis. Tessa Mittelstaedt hätte sich keinen besseren Ausstieg aus ihrer Rolle wünschen können, als diesen verstörenden Film, der ihre schauspielerischen Qualitäten endlich einmal voll zur Geltung bringt.