Bonn/Köln/München. Im Streit um verschlüsselte Programme haben sich das Kartellamt und die Sendergruppen ProSiebenSat1 und RTL auf einen Vergleich verständigt. Die beiden Sendergruppen müssen wegen illegaler Absprachen Geldbußen von 55 Millionen Euro zahlen. Außerdem müssen die Standardprogramme kostenfrei bleiben.

Die Sendergruppen ProSiebenSat1 und RTL dürfen in den nächsten zehn Jahren ihre wesentlichen TV-Programme nicht verschlüsseln. Davon ausgenommen sind aber HD-Programme, die immer mehr Kunden verzeichnen.

Die Verpflichtung zum freien Empfang der Standardprogramme erfolgte im Zuge einer Vergleichsvereinbarung mit dem Bundeskartellamt, das eine Absprache der beiden Unternehmen zur Verschlüsselung von Programmen feststellte. Die Wettbewerbsbehörde verhängte deswegen Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 55 Millionen Euro gegen ProSiebenSat1 und die Mediengruppe RTL Deutschland sowie zwei Verantwortliche.

Free-TV-Programme bis 2023 weiter unverschlüsselt

Den Unternehmen werde vorgeworfen, bei der Einführung der Verschlüsselung ihrer digitalen Free-TV-Programme wettbewerbswidrige Absprachen getroffen zu haben, berichtete die Behörde am Freitag in Bonn.

Den beiden Sendergruppen wurde im Rahmen der Entscheidung verbindlich auferlegt, ihre wesentlichen Free-TV-Programme in SD-Qualität (Standard-Definition) ab 2013 für einen Zeitraum von weiteren zehn Jahren unverschlüsselt anzubieten. Diese Zusage betrifft die Übertragungswege Kabel, Satellit und IPTV - aber nicht die HD-Programme.

"Die Verschlüsselung und der Schutz des Programmsignals der Sender der Mediengruppe RTL Deutschland (RTL, Vox, n-tv, RTL Nitro, Super RTL, RTL II) in HD-Qualität ist, wie in anderen europäischen Märkten auch, zulässig und legitim", erklärte die Mediengruppe RTL Deutschland. Die Pflicht zur gleichzeitig unverschlüsselten Verbreitung der SD-Signale "akzeptieren wir als Teil der Auflagen".

Für Zuschauer steht digitales Free-TV offen

Es handele sich hierbei um einen lange abgeschlossenen Sachverhalt, hieß es von der Sendergruppe ProSieben. Bereits im Geschäftsbericht 2011 sei dokumentiert, dass die ProSiebenSat.1 Media AG angeblich Absprachen mit der RTL Group getroffen haben solle, die insbesondere auf eine Verschlüsselung bisher kostenlos empfangbarer Fernsehprogramme gerichtet gewesen sein soll. Bereits im Juli 2012 hätten sich die ProSiebenSat.1 Group und das Bundeskartellamt auf eine einvernehmliche Beendigung der mit diesen Vorwurf im Zusammenhang stehenden Verfahren verständigt.

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"Durch die Verpflichtung der privaten Sendergruppen zur Aufrechterhaltung der unverschlüsselten SD-Verbreitung steht den Fernsehzuschauern auch in den kommenden Jahren eine Empfangsmöglichkeit für digitales Free TV offen, ohne Signalschutzbeschränkungen und ohne dass dafür zusätzliche Entgelte anfielen", erklärte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt.

Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig

Nach Feststellungen des Kartellamts haben sich die beiden Sendergruppen in den Jahren 2005/2006 darüber abgesprochen, ihre digitalen Free-TV-Programme in SD-Qualität künftig nur noch verschlüsselt auszustrahlen und dafür ein zusätzliches Entgelt zu verlangen. Mit dem Ende der Verschlüsselung entfällt für die Sendergruppen die Grundlage für die Entgelterhebung gegenüber Kabelnetz- und anderen Übertragungswegebetreibern für die SD-Verbreitung.

Die Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig. Über etwaige Einsprüche entscheidet das Oberlandesgericht Düsseldorf. Da sich beide Unternehmen zu der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung bereiterklärten, ist ein solcher Schritt nicht zu erwarten. Der Sprecher der Mediengruppe RTL, Christian Körner, sagte: "Entscheidend war für uns die dringend notwendige Planungssicherheit beim Ausbau unserer digitalen Angebote in einer Zeit, in der Digitalisierung auch in Deutschland deutlich an Tempo zugelegt hat. Die einvernehmliche Beendigung beider Verfahren sehen wir somit insgesamt positiv." (dpa)