Baden-Baden. . Die Bilanz der ersten neun Monate dieses Jahres ist lediglich mittelprächtig. Die Statistik weist sinkende Zuschauerquoten aus. Die Sender relativieren die Zahlen, sprechen von großen TV-Ereignissen im letzten Jahr und rechnen sich ihre Digitalkanäle schön.

Die Fernseh-Quote ist die gültige Währung für Markterfolg einerseits und für Akzeptanz bei den Gebührenzahlern andererseits. Kein Wunder, dass ein Aufschrei durch die Branche ging, als die Marktforscher von media control Alarm für die TV-Nachrichten schlug. Für die „Tagesschau“ im Ersten und die „heute“-Nachrichten loteten die Zahlenjongleure aus Baden-Baden gar „einen neuen Tiefpunkt“ aus.

Auf den ersten Blick sieht die Neun-Monats-Bilanz für die Nachrichten der großen Vier im deutschen Fernsehen bestenfalls mittelprächtig aus.

Die kleinste Reichweite verbucht Sat.1. Die Nr. 4 im Markt informierte mit ihren „Sat.1 Nachrichten“ um 20 Uhr im Schnitt 1,79 Millionen Zuschauer. „Schlechter“, bilanzierte Hans Schmucker von media control, „lief es zuletzt 2009.“ Damals erreichte der Bällchensender im Vergleichszeitraum 1,64 Millionen.

RTL fällt auf das Niveau von 2006 zurück

Schlechte Werte weist die Statistik aus Baden-Baden auch für RTL aus. Der erfolgreichste deutsche Privatsender erreichte mit „RTL aktuell“ um 18.45 Uhr 3,48 Millionen Zuschauer. „Solch niedrige Zahlen“, mäkelte media control, „wurden zuletzt 2006 verzeichnet.“

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Besonders alarmierende Zahlen übermittelten die Statistiker aber für die Öffentlich-Rechtlichen. Während die 19-Uhr-Ausgabe von „heute“ vor 20 Jahren noch fast sieben Millionen Zuschauer erreichte, bedient das Team um Matthias Fornoff dieser Tage weniger als die Hälfte.

ARD erreicht erstmals weniger als fünf Millionen Zuschauer

Im Schnitt sahen in den ersten neun Monaten dieses Jahres 4,92 Millionen Zuschauer die Hauptausgabe der „Tagesschau“ im Ersten. „Damit“, notierte Hans Schmucker von media control, „fiel ihre Reichweite erstmals im Vergleich unter die Fünf-Millionen-Marke.“ Auch für die Mutter aller deutschen Fernsehnachrichten bemüht media control den 20-Jahre-Vergleich. 1992 fütterte die „Tagesschau“ noch 8,33 Millionen Informationshungrige.

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Amüsiert sich das Fernsehpublikum – frei nach Medienforscher Neil Postman – zu Tode? Michael Ulich von Sat.1 beschwichtigt. „Ein leichter Rückgang“ sei für seinen Sender zu beobachten, mehr nicht. RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel kontert lahm. Das Vorjahr sei, mit Arabischem Frühling und Fukushima, nachrichtenstark gewesen. Deshalb sei der Vergleich von media control „etwas fragwürdig“. Zugleich entschuldigt Kloeppel die Daten mit öffentlich-rechtlichen Quoten-Hits wie Fußball-EM und Olympia, die zeitgleich mit „RTL aktuell“ liefen.

Unterschiedliche Rechnungen

Auch ZDF-Sprecherin Regina Henrich-Dieler übt sich im Relativieren der Zahlen. Demnach verloren die „heute“-Nachrichten im laufenden Jahr „am wenigsten“ von allen Mitbewerbern. Zugleich verweist sie darauf, dass das „heute-journal“ um 21.45 Uhr innerhalb von fünf Jahren Marktanteile dazugewann – besonders beim Publikum unter 50.

Bleibt die „Tagesschau“. Chefredakteur Kai Gniffke leugnet nicht, dass die älteste Nachrichten-Sendung des deutschen Fernsehens im Hauptprogramm an Zuspruch verliert. Dennoch macht Gniffke eine Gegenrechnung auf. Er bezieht die Quoten der „Tagesschau“-Ausgabe um 20 Uhr in den Dritten sowie in den Nischensendern 3sat, Phoenix und tagesschau24 mit ein – und siehe unterm Strich kommt Gniffke auf 8,7 Millionen Zuschauer. So gerechnet findet er das Zuschauer-Echo des Traditionsformates nach wie vor „außerordentlich erfreulich“.