Essen. . „Herzversagen“ hebt sich ab von der üblichen Feierabend-Berieselung im Fernsehen. Dafür sorgen Dagmar Hirtz’ wunderbarer Erzählstil und die exzellenten Schauspieler. Jörg Hartmann, der eben noch als Tatort-Kommissar in Dortmund agierte, spielt ihren Lebensgefährten und Katrin Pollitt die mausgraue Arzthelferin.
Das wäre der Stoff für ein klassisches Betroffenheitsdrama: Junge, überarbeitete Krankenhaus-Ärztin stellt eine fatale Fehldiagnose und steht – von der Klinik-Leitung schmählich allein gelassen - plötzlich ohne Job da. Doch Ellen Roth, gespielt von Maria Simon, hält sich nicht lange mit Lamentieren auf, mit dem Hadern über ihr Schicksal. Sie geht aufs Land, wird Dorfärztin und erlebt plötzlich ein Déjà-vu. Ein Mann, den sie noch am Abend zuvor als gesund nach Hause geschickt hat, ist tot.
Schon an der Hamburger Klinik wirkt sie alles andere als aufgeregt. Eine Frau, die sich nicht inszeniert, nicht in den Mittelpunkt rückt, sondern hart arbeitet und die Dinge pragmatisch nimmt. In dem Dorf jenseits der Elbe wird sie diese Eigenschaften gut gebrauchen können.
Nicht nur wegen der norddeutschen Mentalität seiner Bewohner, auch weil ihre Praxis anfangs beinahe schon demonstrativ gemieden wird. Doch dann packt die Hausärztin unprätentiös an, als eine Kuh kalbt, und alles hätte gut werden können. Wird es aber nicht. Denn das „Herzversagen“ (ZDF, 20.15 Uhr), der Tod des Gartenbauers Peter Bertel, ist keinesfalls so natürlich wie es der Totenschein des Notarztes glauben lässt.
Ihr, Ellen Roth, geht es natürlich vor allem um ihre eigene Rehabilitation. Es kann doch nicht sein, dass sie schon wieder versagt haben soll. Dass sie schon wieder eine folgenschwere Erkrankung übersehen hat. Und mit der stoischen Hartnäckigkeit, mit der sie sich als Dorfärztin zu etablieren sucht, spürt sie auch der Familientragödie im Hause Bertel nach.
Eine geradezu undramatisch erzählte Geschichte
Sehr zurückgenommen und geradezu undramatisch hat Regisseurin Dagmar Hirtz diesen Fernsehfilm in Szene gesetzt. Sie, die ihre Karriere als Cutterin begann, für unzählige, den deutschen Film prägende Produktionen wie „Bleierne Zeit“, „Rosa Luxemburg“ oder „Homo Faber“, erzählt die Geschichte der Ärztin Roth sehr beobachtend, im Spiegel der unterschiedlichen Charaktere.
Drehstart für Tatort Dortmund
Da ist Jörg Hartmann, der eben noch als Tatort-Kommissar debütierte und nun Ellen Roths Lebensgefährten spielt. Sehr lässig, sehr modern. Da ist Katrin Pollitt als mausgraue Arzthelferin. Norddeutsch distanziert, mit Mut zum Hässlichsein und vielschichtiger als man anfangs vermuten könnte. Und schließlich Charly Hübner als Ortsvorsteher. Sehr authentisch.
Alles in allem also 90 spannende, unterhaltende Minuten, auch wenn der Plot als solcher nicht so ungewöhnlich, nicht atemberaubend ist. Doch die exzellenten Schauspieler und Dagmar Hirtz’ Erzählstil heben „Herzversagen“ von der üblichen Feierabend-Fernseher-an-Berieselung ab.