München. . Diskussion über einen neuen Sender laufen. Will man dem jugendlichen Publikum ein qualitativ ansprechendes Angebot machen, wird man viel Geld investieren müssen. Dezidierte Angebote für junge Leute sind aber im „Ersten“ und im „Zweiten“ schon seit Jahren echte Raritäten.
Wenn man Peter Boudgoust aus der Reserve locken möchte, muss man ihm bloß das Stichwort „Jugendkanal“ geben. Seit Jahr und Tag macht sich der SWR-Intendant für das Thema stark. Sein Plan, den federführend vom SWR betreuten ARD-Digitalableger Einsplus mit Schwester-Sender Einsfestival (WDR) zum Jugendprogramm zu fusionieren, scheiterte am Widerstand des WDR. Aber nun beschäftigen sich auch die Rundfunkräte damit.
Zuletzt hat sich das Gremium des MDR der Forderung angeschlossen. Sollte sich das ZDF dem Projekt nicht anschließen, hieß es, müsse die ARD es eben im Alleingang realisieren. Boudgousts Gegenspielerin in dieser Frage ist Monika Piel, Intendantin des Kölner WDR und derzeitige ARD-Vorsitzende. Sie wird nicht müde zu betonen, dass ein „lineares Programm für 14- bis 30-Jährige“ nicht sinnvoll sei.
Traumduo Joko und Klaas
Exakt dies wird jedoch auch aus den Reihen der Politik gefordert: Junge Zuschauer müssten im öffentlich-rechtlichen Angebot „zwischen Kika und Musikantenstadl“ einen festen Platz bekommen. Gleichzeitig plädieren immer mehr namhafte Politiker dafür, die Zahl der digitalen Spartenkanäle von ARD und ZDF zu reduzieren.
Gefahr eines Generationenabrisses
Überfällig ist der Schritt ohnehin. Boudgoust neigt im Allgemeinen nicht zu Plakativität. Zum Thema Jugendkanal aber sagte er vor dem Rundfunkrat des SWR: „Wenn Sie heute an eine Realschule gehen und fragen, welchen Beruf die Jugendlichen lernen wollen, dann antwortet wahrscheinlich die Hälfte ‚Superstar’. Und die andere Hälfte will ‚Topmodel’ werden.“ Unsere Jugendlichen, forderte der SWR-Intendant, „dürfen nicht allein mit der ‚RTL-ProSieben-Sat.1-MTV-Soße’ sozialisiert werden, nur damit dem RTL-Format ‚Raus aus den Schulden’ nicht der Nachschub ausgeht.“ Die Gefahr eines Generationenabrisses ist offenkundig; Menschen unter 30 finden nur noch selten zu ARD und ZDF.
Aber die Erkenntnis bleibt vorerst folgenlos. Das hat vor allem finanzielle Gründe. Will man dem jugendlichen Publikum ein qualitativ ansprechendes Angebot machen, wird man viel Geld investieren müssen. Dezidierte Angebote für junge Leute sind aber im „Ersten“ und im „Zweiten“ schon seit Jahren echte Raritäten. Ohnehin könnte das Projekt nur gemeinsam mit dem ZDF realisiert werden, schließlich muss die ARD eklatante Sparauflagen erfüllen. Die Signale aus Mainz sind positiv: Aber ZDF-Sprecher Alexander Stock formuliert auch klare Voraussetzungen: „Eine Beauftragung durch den Gesetzgeber und eine ausreichende Finanzierung.“
Schwere Zielgruppe
Eine weitere Hürde ist der Inhalt, und dies stellt womöglich die größte Herausforderung dar. Maya Götz ist Leiterin des Münchener Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen. Sie warnt davor, das Projekt allzu naiv anzugehen: „Jugendliche sind die am schwersten zu erreichende Zielgruppe. Es sind vergleichsweise wenige Jahrgänge mit einer hohen Heterogenität in Stilen und Geschmack.“ Ein jugendaffines Programm werde nur dann erfolgreich sein, wenn es die Zielgruppe ernst nehme und nicht bloß auf der Basis eines „nostalgischen Bildes von Jugend“ konzipiert werde.