Mainz.. Qualität und Quote gelten als natürliche Feinde. Erfolg ist verdächtig. ZDF-Filmchef Reinhold Elschot scheut ihn nicht. Er behauptet sogar, dass er Klasse und Masse zusammenbringen kann. Kann das funktionieren?
ZDF-Fernsehfilmchef Reinhold Elschot will neue, jüngere Zuschauer-Schichten erschließen. Die sechsteilige Reihe Verbrechen nach Ferdinand von Schirachs Buch soll ihm dabei helfen. Die Fälle spektakulär, die Optik hochwertig: Elschot will Klasse und Masse versöhnen.
Wie hatte er sich morgens gefreut über „Das Ende einer Nacht“! ZDF-Intendant Thomas Bellut hatte ihn schon um 8.15 Uhr per SMS zum Quoten-Erfolg des Justiz-Thrillers mit Ina Weisse und Barbara Auer beglückwünscht. Das Drama um Gewalt in der Ehe hatte nicht nur Günther Jauchs Quiz-Klassiker „Wer wird Millionär?“ geschlagen, sondern auch minütlich Zuschauer dazugewonnen.
Mainzelmänner schmücken sich gern mit dem Erfolg der Abendfilme
Noch Tage danach hat der 61-Jährige – Drei-Tage-Bart, Schwarz-Weiß-Dress – das Fax mit dem Quoten-Verlauf griffbereit in seinem Büro. Elschot residiert keineswegs ganz oben im ZDF-Turm auf dem Lerchenberg. Er arbeitet im fünften von insgesamt 14 Stockwerken. Elschot genießt den Panorama-Blick vom ländlichen Rheingau bis zu Frankfurts ersten Hochhäusern: „Abends kann ich sehen, wie die Flieger landen.“
Dennoch ist der Mann aus dem Münsterland erdverbunden. Der Publikumserfolg ist ihm wichtig: „Ich mache Fernsehen ja nicht für mich, sondern für die Zuschauer.“ Die Quote sei ein wichtiger Gradmesser, ob er diesem Anspruch gerecht werde.
Tatsächlich schmückt sich das ZDF gern mit den Erfolgen der abendlichen Filme. Die Mainzelmänner nehmen schon seit längerem für sich in Anspruch, die Nr. 1 zur besten Sendezeit zu sein. Während samstägliche Krimi-Reihen wie „Bella Block“, die Sonntagsromanzen und die Montagsthriller gut funktionieren, ist Elschot ehrlich genug zuzugeben, woran er noch arbeiten muss: „Wir brauchen mehr familientaugliche Filme.“
Bei Komödien will er nachlegen
Auch bei Komödien will der ehemalige Chef der ZDF-Filmtochter Network Movie noch nachlegen. „Komödien“, weiß Elschot, „sind die Königsdisziplin. Krimis und Thriller geben ein Versprechen, dass sie relativ leicht einlösen können. Das ist bei Komödien anders, weil jeder einen anderen Humor hat.“ Selbst Erfolgsprojekte wie die Schlager-Satire „Das große Comeback“ mit Andrea Sawatzki und Uwe Ochsenknecht bedienen ein kleineres Publikum als Krimi-Kost der Marke „Ein starkes Team“. Wir nehmen das in Kauf, denn wir brauchen auch diese Farbe. Denn TV-Komik erreicht überdurchschnittlich viele junge Leute.
„Wir haben im Augenblick beim Publikum einen Altersschnitt von 61“, erläutert Elschot und sieht sich selbst augenzwinkernd als Musterzuschauer. „Davon wollen wir weg. Da die Bevölkerung im Durchschnitt immer älter wird, bedarf es schon einer erheblichen Anstrengung, um den Schnitt auf 60 zu drücken.“ Der Digitalkanal ZDFneo soll’s richten, der neue Programmchef Norbert Himmler verantwortet ihn. Der ZDF-Jugendbewegung zum Trotz will Elschot aber auch die alten Meister nicht aus dem Blickfeld verlieren, wie Götz George.
Was Reinhold Elschots träumerischer Blick verrät
Mit Star-Regisseur Matti Geschonneck hat Elschot das Konzept für den Thriller „Endspiel“ entwickelt. „Wir haben zwei Namen genommen“, erzählt Elschot, „und ein bisschen herumgesponnen. Götz George und Jürgen Vogel. Vater und Sohn – nein, das wäre zu platt. Aber junger Krimineller und alter Polizist – das ginge. Ein Häftling, der sich an dem Polizisten dafür rächen will, dass er in ihn zu Unrecht hinter Gitter gebracht hat.“ Leichter gedacht als gemacht.
George wollte nicht, wollte kein gewohntes Rollen-Muster abspulen. Doch seine Zweifel wurden zerstreut. Elschot klingt zufrieden, auch mit ersten Bildern des Films, mit Ge-orges Präsenz, mit der räumlichen Tiefe. Ein träumerischer Blick verrät: Vor Elschots geistigem Auge taucht das Fax mit dem Quoten-Verlauf auf. Die Kurve zeigt nach oben.