Essen. TV-Moderator Johannes B. Kerner stapelt vor der Premiere seines neues Talks (Montag, Sat.1, 21.15 Uhr) tief. Mit Günther Jauch will er sich nicht vergleichen, einen Erfolg sieht er eher langfristig. Und dennoch: Im Gespräch mit Jürgen Overkott wirkte Kerner profihaft entspannt.
Vor dem Start Ihrer neuen Sendung jagt ein Termin den anderen. Wie oft haben Sie Ihren Terminkalender schon verflucht?
Johannes B. Kerner: Ich neige nicht zum Fluchen. Ich will es mal so sagen: Jeder Tag hat 24 Stunden, und wenn das nicht reicht, nehmen wir noch die Nacht dazu.
Sie fordern den 35-Stunden-Tag mit vollem Lohnausgleich.
JBK: 35-Stunden-Tag - doch kommt für die letzten Tage hin.
Wir leben im Zeitalter der mobilen Telefonie. Haben Sie schon mal daran gedacht, ein Grundrecht auf Nichterreichbarkeit zu fordern?
JBK: Um ehrlich zu sein: nicht. Aber ich nehme mir zumindest stundenweise das Recht heraus, nicht erreichbar zu sein - dann gehe ich spazieren, mache Sport oder bin mit meiner Familie zusammen. Und noch eines: Diese Handys haben meistens auf der rechten Seite einen Knopf, der in auffälligem Rot gehalten ist. Einfach drauf drücken, dann ist die Kiste aus. Und dann haben Sie das Recht auf Nichterreichbarkeit schon durchgesetzt.
Mit wieviel Stunden Schlaf kommen Sie aus?
JBK: Ich brauche relativ viel Schlaf, dafür dass ich schon so alt bin. Sieben Stunden sind für mich die untere Grenze.
Sie sind schon Marathon gelaufen. Können Sie Ihrem Stress davonlaufen?
JBK: Na ja, Marathon. Davon bin ich gerade fitnesstechnisch ein ganzes Stück entfernt. Aber Sie haben schon Recht: Ich war gerade joggen, an der Alster. Ja, ich jogge viel, aber nicht auf Marathon-Niveau. Und zum zweiten: Dem Stress davonlaufen will ich gar nicht, weil ich ihn als positiv empfinde. Das ist nicht nur ein frei gewähltes Schicksal, sondern auch eine schöne Sache. Ich empfinde meine Arbeit nicht als Druck, sondern als wahnsinnig positive Herausforderung.
Okay, ich dreh's mal anders herum: Sind Sie ein Adrenalin-Junkie?
JBK: Hm, sagen wir's so: Ich kann gut mit Adrenalin umgehen. Aber es gibt auch für mich Belastungsgrenzen. Dann gehe ich kurz raus, atme mal tief durch, wie jeder normale Mensch auch.
Sie sind schon seit mehr als 20 Jahren im Geschäft. Ist Lampenfieber für Sie überhaupt noch ein Begriff?
JBK: Lampenfieber nicht in krankhaftem Ausmaß. Aber es gibt eine körperliche Grundanspannung, in dem Moment, wenn das Rotlicht der Kamera angeht, und das ist gut so: Dann ist man etwas präsenter, sicherer, dann bringt man die Sache eher auf den Punkt.
Sie starten einen neuen Talk. Ist die Vobereitung darauf ähnlich wie Warten aufs Christkind?
JBK: Ich habe schon ein paar Mal durchs Schlüsselloch geguckt.
Haben Sie schon ein Geschenk erspäht?
JBK: Ja, ein wunderschönes Studio, und ich habe ein paar Beiträge gesehen, ich weiß, welche Gäste kommen. Ja, ich freue mich auf Weihnachten.
Ihr Talk hat ein ähnliches Konzept wie "stern TV". Geben Sie bei Sat.1 den besseren Jauch?
JBK: Ich bedanke mich für diese Frage, damit ich alles mal richtigstellen kann: "stern TV" ist eine Fernsehmarke, eine der populärsten überhaupt. Sie wurde vor 20 Jahren eingeführt von einem der besten Moderatoren, der bei allen Umfragen immer zum beliebtesten Fernsehmann der Deutschen gewählt wird. Er könnte aus dem Stand Bundespräsident werden. Ich sage das frei raus: Diese Schuhe sind für mich, für meine Redaktion zu groß. Lassen Sie uns in 20 Jahren noch mal drüber sprechen.
Kann sein, dass ich die Frage schon eher wieder stelle. Sie treten gegen den Quotenhit "Bauer sucht Frau" an. Kämpfen Sie gegen Windmühlen?
JBK: Ja, es ist ein ambitionierter Sendeplatz. Wir werden aus dem Stand heraus sicher keinen überragenden Markterfolg erzielen. Aber das ist gar nicht so wichtig. Für uns ist wichtig: Wir müssen aus dem Stand heraus eine gute Sendung machen, wieder und immer wieder. Wenn wir das schaffen, werden wir langfristig Erfolg im Markt haben.
Langfristig - haben Sie sich eine Marke gesetzt, die Sie erreichen wollen?
JBK: Keine Quotenmarke. Aber ich kann versichern, wir haben uns das ganze nächste Jahr vorgenommen, um zu beobachten, wie sich die ganze Sache entwickelt.
Werden Sie sich neu erfinden? Und wenn ja, wie?
JBK: Kerner bleibt Kerner. Aber wir werden schneller, moderner, zeitgemäßer. Wir werden eine Ausgewogenheit bieten zwischen Studio-Talk einerseits und Einspielfilm andererseits. Aber die Einspieler werden länger, die Redebeiträge kürzer.