Essen.. Bei Günther Jauch diskutierten Lehrer, Politik und ein Fußball-Trainer über Bildung. Zum Thema „Generation doof – Warum gibt es so viele Bildungsverlierer?“ kamen im Polit-Talk der ARD allerdings nur Bildungsgewinner zu Wort.
Jana ist 14. Ihr erstes Buch war Ovids „Metamorphosen“, Goethes „Faust“ kennt das hochbegabte Mädchen. Das macht Eindruck. Neben ihr sitzt Heide Steppke, 71, Abiturientin. Das Lernen falle ihr in ihrem Alter „gar nicht schwer“, deshalb will die Rentnerin jetzt auch noch Französisch und Geschichte studieren. Zwei Bildungsgewinner im Kurzporträt bei Günther Jauch – vielleicht ein wenig unpassend beim Thema des Abends: „Generation doof – warum gibt es so viele Bildungsverlierer?“
Zur Debatte stehen große Fragen: Wer ist schuld am Bildungselend? Lernen die Kinder überhaupt das Richtige? Wie wichtig ist die Disziplin beim Lernen? Die Runde diskutiert sich nur langsam warm: Neben den beiden Lehrern Sabine Czerny (bayrische Grundschule) und Michael Rudolph (Berliner Realschule) sitzt überraschenderweise auch der Fußballtrainer Felix Magath in der Runde. Als Vater von sechs Kindern hat auch er eine Meinung zur Bildungsmisere in Deutschland. Er selbst habe in seiner Schulzeit lieber Fußball gespielt, anstatt Hausaufgaben zu machen – und blieb in der neunten Klasse sitzen, bevor er später die Fachoberschule erfolgreich abschloss. Sein Rat an den jungen Fußball-Profi Julian Draxler, die Schule vor dem Abitur abzubrechen und später den zweiten Bildungsweg zu wählen, hat Anfang des Jahres für Aufsehen gesorgt.
Zu Wort kommen auch noch Unternehmer Harald Christ („vom Arbeiterkind zum Multimillionär“) und CSU-Politikerin Monika Hohlmeier. Auch ihre Einstellung zur Bildung klärt Jauch vorab: „Sie waren in Bayern Ministerin für Schulpolitik und ihre eigenen Kinder sind auf eine Waldorfschule gegangen?“ „Ja, das stimmt. Aber ohne ideologische Gründe“, erklärt Hohlmeier.
Google statt Goethe
Mit kurzen Schlagworten versucht Jauch, die Runde in Schwung zu bringen: „Google statt Goethe“ oder „Problem Niveauverlust“. Dazu fällt der Politikerin Hohlmeier spontan auf, dass die jungen Generation zwar lesen, aber nicht mehr verstehen kann. Dagegen sollte etwas getan werden, Kernkompetenzen wie Deutsch und Mathematik seien unerlässlich. „Und auch Mathematik kann man nicht nur für Mathematiker, sondern auch für ganz normale Menschen erklären.“ Zustimmender Applaus.
„Es gibt keine dummen Kinder“, meint Grundschullehrerin Sabine Czerny, man müsse nur die Fragen richtig stellen. Falsch sei auch, diesen „krassen Konkurrenzkampf“ mit Noten noch zu fördern, denn „Noten lügen“. Alle Kinder könnten und wollten lernen, schlechte Noten demotivierten sie nur: Applaus für die dynamische Pädagogin. Schulleiter Michael Rudolph „hält von Kuschelpädagogik gar nichts“, Disziplin spielt eine wichtige Rolle in der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin. Der Lehrer sieht Erfolge seiner Strafpädagogik: „Mittlerweile kommen nur noch wenige Schüler zu spät“ – wer aus der Reihe tanzt, muss vor Unterrichtsbeginn gemeinnützige Arbeit leisten.
Bildungsgewinner leisten sich Meinung zum Schulsystem
„Bildungsgewinner“ oder Privilegierte diskutieren über „Bildungsverlierer“. Politikerin Hohlmeier – selbst zurzeit Studentin der Volkswirtschaftslehre – will keine Strukturen mehr analysiert sehen, es müssten vielmehr gleiche Lebensverhältnisse im Sinne der Chancengleichheit geschaffen werden. Lehrerin Czerny will das klassischen Notensystems abschaffen, um den (Grund-)Schülern den Leistungsdruck zu nehmen. Bildungspolitik müsse auch wirtschaftlich ausgerichtet werden, sonst sei man in dreißig Jahren auch der ökonomische Verlierer, meint Unternehmer Christ – konkrete und umsetzbare Vorschläge, um der Bildungsmisere entgegenzuwirken, gab es bei Günther Jauch allerdings kaum.