Essen. Ein Altrocker, zwei Rapper, eine Kabarettistin und ein Philosoph - das war am Donnerstagabend die gelungene Mischung für Markus Lanz' Talkrunde im ZDF. Bushido versuchte mithilfe von Sido und Peter Maffay vom schlechten Image wegzukommen - und überzeugte nicht.
Endlich mal eine gepfefferte Talkrunde im ZDF. Bei Markus Lanz kochten die Emotionen hoch. Das Rezept: Rapper-Gesülze von Sido und Bushido angerührt in einem Topf mit intellektueller Würze der Kabarettistin Gaby Decker und des Philosophen Richard David Precht. Als Zutaten: Fein dosierte Spitzfindigkeiten vom Alt-Rocker Peter Maffay.
Die Mischung macht’s. Markus Lanz hatte den richtigen Riecher bei der Zusammenstellung seiner Unterhaltungskost. Es wurde nicht lange um den heißen Brei herumgeredet. Ist Bushido wirklich ein Vorbild für die Jugend? War der Preis für Integration bei der Bambi-Verleihung gerechtfertigt?
Gegen das Negativ-Image
Der als Gangster-Rapper vorverurteilte Gast wehrte sich mit Händen und Füßen gegen sein negatives Image. Nein, er sei nicht frauenfeindlich eingestellt. Und noch nie habe er etwas gegen Schwule gehabt. Gaby Decker fiel ihm ins Wort: „Doch, das hast Du.“ Bushido konterte mit Floskeln auf unterstem Niveau: „A…loch“ sei ja auch ein gängiges Schimpfwort. „A…löcher sind wir alle“, erwiderte Decker. Moderator Lanz kramte Zitate aus alten Songs hervor, spitzte die Debatte zu, sprach von einer Art Tribunal, dem sich der Rapper stelle. Mit „bösem Blick“ (Decker) reagierte Bushido. Seine Weltanschauung habe sich grundlegend geändert.
Peter Maffay pflichtete ihm bei. Das gemeinsame Cover-Projekt mit Sido und Bushido sei eine Produktion, die Zeichen setzen sollte. Bildlich gesprochen: Jemand der erwachsen wird, aber das Kindsein in sich behält, ohne aus der Rolle zu fallen. Seichtes Gerede. Der Rockstar erklärte unisono, warum er bei der umstrittenen Bambi-Auszeichnung für Bushido die Laudatio gehalten hat: „Da war jemand, der wollte abgeholt werden.“ Abgeholt aus der Vergangenheit für eine bessere Zukunft. Aufgesetztes Mitgefühl? Maffay erklärte: „Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.“ Gleichwohl gebe es Texte von Bushido, „mit denen kann ich nichts anfangen“.
"Ich möchte nicht, dass mein Sohn so was sieht"
Jeder Musiker trage eine große Verantwortung für das, was er von sich gibt, wenn er auf der Bühne und im Studio steht. Vor gewaltverherrlichenden Videos warnte der weise Maffay mit strenger Miene: „Ich möchte nicht, dass mein Sohn so was sieht.“ Das sagte dann selbst Familienvater Sido über seinen gemeinsam mit Bushido abgedrehten Action-Clip. Mit dem Zusatz: „Ich bin nicht dafür verantwortlich, wenn sich Kinder das Video im Internet anschauen können.“ Ja, wer denn sonst?
Bushido verharmloste: „Das beste Video aller Zeiten.“ Markus Lanz meinte: „Ich mag die Musik im Film. Der Groove ist wirklich gut.“ Jetzt hätte nur noch gefehlt, dass der Philosoph darauf anspringt. Doch Richard David Precht stellte fest: Bushido und Sido seien mehr oder weniger nur die Marionetten der Musik-Industrie. Das lasse aber keine Rückschlüsse auf ihren menschlichen Charakter zu. Bushidos Biographie könne sogar Berge versetzen auf dem Weg zu mehr Integration, wenn der Rapper in Schulen ginge und sein Ärmelaufkrempeln vorlebe.
Bei Richard David Precht hört schon keiner mehr hin
Versprochen hat er’s. Genauso wie die Unterstützung für das schwule Seniorenwohnheim in Berlin, einer sozialen Initiative von Gaby Decker. Und Kollege Sido hörte am Ende gar nicht mehr richtig hin, als Richard David Precht einen Zivildienst für Menschen beim Ausscheiden ins Rentenalter thematisierte. Die Älteren müssten in irgendeiner Form per Gesetz weiter beschäftigt werden, weil sie immer älter werden und die Rentenkassen deshalb zwangsläufig irgendwann leer seien.
Mag ja alles stimmen. Die beiden Rapper-Größen und Rock-Legende Maffay interessierte das nur noch am Rande. Zum Schluss der heißen Diskussion kochten alle nur mit Wasser!