Essen/Berlin. Bushido ist salonfähig, findet der Berliner Medienwissenschaftler Norbert Bolz. Die Auszeichnung diene nicht nur als Impfschutz für die Gesellschaft, sondern sei zudem ein inszenierter TV-Eklat des Burda-Verlags. Der verstaubte Bambi habe “was Prickelndes“ gebraucht.
Der böse Bube Bushido bekommt einen Bambi für Integration – und perfekt ist der TV-Eklat: Viele geladene Gästen applaudierten nicht, die Band „Rosenstolz“ kritisierte die Jury, Grünen-Politikerin Claudia Roth und Schwulen- und Lesbenverbände waren schockiert.
Der Berliner Medienwissenschaftler Norbert Bolz hingegen findet die Auszeichnung des Rüpel-Rappers Bushido überhaupt nicht ungewöhnlich - sondern logisch. Ein Gespräch.
DerWesten: Rapper Bushido bekommt einen Bambi für Integration. Waren Sie überrascht?
Norbert Bolz: Überhaupt nicht. Das passt doch gut in unsere Zeit. Die Bundesrepublik hat mittlerweile gelernt, dass die Protestkultur in der Gesellschaft aufgehen muss. Die Preisübergabe an Bushido ist wie eine Impfung: Ursprünglich krankmachende Erreger werden eingeimpft – und dienen dann als Immunschutz.
Im Internet wird über Bushidos Bambi kontrovers diskutiert. Auch viele Politiker sind enttäuscht, und Stars wie Barbara Schöneberger guckten bei Bushidos Dankesrede gequält. Sie sprechen gerne von der Salonfähigkeit der Rapper – gestern Abend war davon nichts zu spüren!
Bolz: Bushido ist salonfähig. Die Aufruhr jetzt gehört doch dazu. Bushido könnte gar nicht existieren, wenn es Reaktionen wie „Igitt, Igitt“ nicht mehr geben würde. Die Bushido-Kritiker ändern nichts daran, dass seine Pop-Kultur der Provokation längst Mainstream ist. Weil das so ist, will der Burda-Verlag natürlich eine betuliche, verstaubte Veranstaltung wie den Bambi ein bisschen was Prickelndes geben. Die konservativen Züge daran mussten mit einem provokativen Element der Gegenwart aufgepeppt werden.
Ist Bushido der authentische Rapper, der die jungen Massen erreicht?
Bolz: Authentisch ist der mittlerweile nicht mehr. Er ist ein Celebrity. Er hat nicht mehr den direkten Kontakt zur echten Szene.
In seiner Dankesrede hat Bushido deutlich gemacht: Ich helfe Integrationsprojekten gerne. Bloß die fragen mich nicht. Würden Sie ihn als Werbeperson für Sozialprojekte einsetzen?
Bolz: Wenn Jugendliche dadurch an sinnvollen Projekten teilnehmen, dann rechtfertigt das jeden Prominenten. Außerdem ist Bushido im Jahr 2011 doch kein böser Bube mehr, der hat sich schnell gewandelt – hin zum Marketing-Experten. Seine vermeintliche ‚Bosheit’ setzt er sehr geschickt ein.