Essen. Bei Frank Plasbergs unterhaltsamer Runde zum Konjunkturpaket demonstrierten Peter Struck und Volker Kauder Einigkeit. Auch Guido Westerwelle wollte kaum austeilen. WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz analysierte das politische Einerlei trennscharf. Der linke Gregor Gysi setzte auf Polemik.
Fast sah es so aus bei Frank Plasbergs ARD-Sendung „Hart aber fair“ am Mittwochabend, dass die anwesenden hochrangigen Politiker eine neue Zuneigung füreinander entdeckt hätten. Dabei war das Thema der Diskussionsrunde – „Weihnachten verlängert! Wem nutzen die Berliner Geldgeschenke?“ – mit Blick auf das zweite Konjunkturpaket eigentlich nicht dazu geeignet, Herzlichkeiten auszutauschen.
Doch vor allem Volker Kauder, der Vorsitzende der Unionsfraktion, und SPD-Fraktionschef Peter Struck demonstrierten in dem 75-minütigen Polit-Gespräch die offenbar immer stabilere Bande zwischen SPD und Union innerhalb der Großen Koalition. Sie machten zudem keinen Hehl daraus, dass sie auch privat befreundet sind. Und auch FDP-Parteichef Guido Westerwelle funkte zunächst an der aufgebauten Theke im Studio nur selten dazwischen.
Verzicht auf parteipolitische Feindseligkeiten
Alles in allem herrschte Einigkeit zwischen den Dreien, im Bemühen um den richtigen Ansatz zur Stützung der Wirtschaft. Auf parteipolitische Feindseligkeiten auch im noch jungen Superwahljahr 2009 verzichteten sie und nahmen sich des schwierigen Themas an. Und so lag Ulrich Reitz, Chefredakteur der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, mit seiner gleich zu Beginn geäußerten Meinung auch richtig, dass die Krise zumindest insofern ein Glücksfall sei, da sich Politiker durch sie aufs Wesentliche konzentrierten.
Einzig Gregor Gysi, als Vorsitzender der Fraktion „Die Linke“, aus Sicht des Publikums rechts außen sitzend, holte ein ums andere Mal zu populistischen Tiefschlägen aus. „Wir brauchen mehr Gerechtigkeit“, sagte er mit Blick auf die Diskussion um eine Reichensteuer. Und im Zusammenhang mit Vorschlägen zur Stützung der Wirtschaft sagte er: „Es gibt nicht einen Vorschlag für den ärmeren Teil der Bevölkerung.“ Was freilich nicht stimmt. Es gibt durchaus Vorschläge für diese Gesellschaftsschicht. Gysi verband damit also zugleich Wahlkampf und Klientelpolitik und machte sich und seine Partei so einmal mehr unglaubwürdig, bei der Suche nach ernsthaften Ansätzen im Hinblick auf die wohl kommenden schwierigen Monate.
Steuersenkungen unumstritten
Westerwelle dagegen unterstrich noch einmal die Wichtigkeit, mit dem Konjunkturpaket auch deutlich auf Bildung zu setzen, Universitäten und Schulen auf Vordermann zu bringen. Solche Vorschläge hat sein Parteikollege in NRW, Innovationsminister Andreas Pinkwart, schon vor Wochen in einen dicken Maßnahmenkatalog für ein eigenes NRW-Konjunkturpaket gebunden. Außerdem setzt Westerwelle auf den Ausbau von Verkehrs- und Energie-Infrastruktur und unterstrich mehrfach, dass Steuersenkungen ein besonders geeignetes Mittel seien, um die Kaufkraft zu stärken. Gegenreden gab es dazu weder von Kauder noch von Struck. Im Gegenteil: „Es geht darum, dass wir die Bürger entlasten mit Steuersenkungen“, sagte Kauder.
Im zweiten Teil der Diskussion wich der insgesamt gut aufgelegte Plasberg zweifellos mit Absicht ein wenig ab vom eigentlichen Thema und steuerte auf mögliche künftige politische Verbindungen an, auf Koalitionsaussagen vor und mögliche Koalitionen nach der Wahl. In dem Zusammenhang erwähnte Reitz die Sorgen des NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU), dass es sich Kanzlerin und Parteikollegin Angela Merkel mittlerweile in der Großen Koalition offenbar eingerichtet hat. Diese Aussage wiederum forderte Kauder heraus zu einer – inoffiziellen – Koalitionsaussage zugunsten der FDP, was deren Chef Westerwelle natürlich freute. Der hatte sich wenige Minuten zuvor schon für die Union als liebsten Koalitionspartner ausgesprochen, indem er sagte: „Eine Regierung der Mitte aus Union und FDP wäre das beste.“
Anzug kaufen, Regal kaufen, Urlaub machen
Wie die SPD sich aufstellt, blieb noch unklar. Offenbar liebäugelt sie, wie ihr Parteichef Franz Müntefering zuletzt äußerte, mit einer sogenannten Ampel-Koalition, aus SPD, FDP und Grünen. Die Linken blieben bei dieser Thematik außen vor.
Nachdem Plasberg dann zum Ende hin Westwelle zu seiner neuen Rolle als Liebling der großen Volksparteien befragte, und der darauf gequält komisch reagierte, kam der Moderator schließlich wieder zum Ausgang des eigentlichen Themas zurück. In der Abschlussfragerunde wollte Plasberg wissen, wie die anwesenden Herren ganz persönlich die Konjunktur ankurbeln: Gysi will sich einen schwarzen Anzug kaufen. Westerwelle hat bereits ein Regal gekauft und eigens zusammengezimmert. Reitz war zur Silbernen Hochzeit mit seiner Frau, den fünf Kindern und deren Lebensgefährten im Winterurlaub. Kauder will sich ein (deutsches) Auto kaufen. Und Struck will seinen Kindern Geld geben. Untätigkeit im Privaten ist also keinem der Herren vorzuwerfen.