Essen. Einer wie keiner: Kommissar Tauber (Edgar Selge) und seine Kollegin Jo Obermeier (Michaela May) verlassen uns. Am Sonntag zeigt das Erste den letzten "Polizeiruf" des Münchner Duos. Passender Episodentitel: "Endspiel". Zum Abschied wird es noch einmal richtig düster.

Wenn Edgar Selge als einarmiger Kommissar Jürgen Tauber mit schwarzem Sweatshirt samt Kapuze im winterkalten Nebelwald am Fundort einer Leiche erscheint, dann hat er etwas vom leibhaftigen Tod, der gekommen ist, seine Ernte einzufahren. Solche Bilder werden uns künftig fehlen, denn „Polizeiruf 110: Endspiel” (So., ARD, 20.15 Uhr) ist der letzte Film mit dieser wunderbar schrägen, verletzlichen und wenig berechenbaren Ermittlerfigur, an deren Unnahbarkeit und Menschenfeindlichkeit seine Kollegin Jo Obermaier (Michaela May) oft schier verzweifelt ist.

Einer wie Tauber ist unersetzlich in diesem Krimizirkus am Sonntagabend, wo man zwischen „Tatort” und „Polizeiruf” manchmal ebenso wenig unterscheiden kann wie zwischen den ungezählten Kommissaren. Ein Spleen oder eine Eigenart muss da oft schon reichen, um eine Figur identifizierbar zu machen. Tauber und Obermaier jedoch waren einzigartige Gewächse durch und durch, seit sie 2001 in dem Film „Gelobtes Land” erstmals als Team auftraten.

Zum Abschied wird es düster

Eigentlich ein Unding: hier ein behinderter Beamter, der seiner fehlenden Extremität mit großer Selbstironie begegnet, dort eine Kommissarin, die mit einem türkischen Kfz-Mechaniker verheiratet ist. Für den Bayerischen Rundfunk jedoch pures Gold: Gute Drehbücher und die sorgfältige Auswahl an Regisseuren, darunter Dominik Graf, Eoin Moore, bescherten den insgesamt 17 Filmen eine auffällig hohe Anzahl an TV-Preisen.

Zum Abschied wird es noch einmal richtig düster, was nicht nur an der Jahreszeit und der eingangs beschriebenen Waldszenerie liegt. Schon gleich zu Beginn erhält Tauber bei der Weihnachtsfeier im Präsidium einen Glückskeks ohne Inhalt. „Ein Glückskeks ohne Zetterl, das is wie der Tod”, orakelt die neue Dezernatsleiterin Wiedemann in ihrem jovialen Bayerisch.

Kein guter Start also für unseren einarmigen Antihelden, der sich stärker als sonst isoliert fühlt unter der neuen Chefin. Vielleicht ist er deshalb so empfänglich für die Einflüsterungen des Kollegen Kurtz (Wanja Mues) aus der Abteilung für organisiertes Verbrechen. Der war der Partner des Waldtoten, bei dem er Mord wähnt, wo doch alle Beweise auf Suizid deuten.

Geschichte einer gefährdeten Beziehung

Sowohl Tauber als auch Obermaier – beide lassen sich diesmal vereinnahmen von Menschen, denen nicht wirklich zu trauen ist. Der sonst so verschlossene Tauber freundet sich überraschend schnell mit Kurtz an, der ihm einen äußerlich eher durchschnittlichen Mitbürger als Drahtzieher im Drogengeschäft und als mutmaßlichen Mörder seines Ex-Kollegen Harald präsentiert. Und Obermaier wird von der Chefin umgarnt, die ihr beruflichen Aufstieg und ein schönes Büro verheißt, nur um sie von diesem verrückten Tauber loszueisen. Dass in beiden Fällen möglicherweise auch sexuelle Motive im Spiel sind, lässt sich nicht in Abrede stellen. Doch es kommt der Punkt, da beide Versucher einen Schritt zu weit gehen: Kurtz, indem er den Hauptverdächtigen bei der Konfrontation kurzerhand über den Haufen schießt; Wiedemann, indem sie in Anwesenheit von Obermaier über Tauber als vermeintlichen Schwulen herzieht.

Der von Alexander Adolph geschriebene und von Andreas Kleinert inszenierte Film ist diesmal weniger ein Fall, als mehr die Geschichte einer gefährdeten Beziehung. Obermaier spürt, dass sie und der inzwischen aus dem Dienst geschiedene Tauber sich immer stärker entfremden, dass auch eine Einladung zum Weihnachtsessen die Risse nicht kitten kann. Am Ende steht die Polizistin auf dem Balkon und hält nach dem verspäteten Gast Ausschau. „Er kommt nicht”, erkennt sie, „er kommt nimmer.” Es ist das Ende einer wunderbaren Partnerschaft.