Essen. Heimliche Filmaufnahmen für Birgit Schrowanges Magazin „Extra” in einer Arztpraxis beschäftigte jetzt das Landgericht Düsseldorf. Die Richter verboten dem Kölner Privatsender RTL per Eilentscheid, das Material weiter auszustrahlen.

Zum Hintergrund: „Kurz nach dem Tod von Michael Jackson wollte RTL beweisen, wie leicht es in Deutschland ist, an Medikamente zu kommen, die abhängig machen”, erklärt Dr. Ulf Vormbrock, der Düsseldorfer Anwalt des Arztes. Eine Frau sei in Begleitung ihres Mannes in die Praxis seines Klienten gekommen und habe erklärt, dass sie ein berufliches Ereignis am nächsten Tag ausgesprochen nervös mache. Der Mediziner habe sie untersucht, ihr den Rat gegeben, Yoga oder andere Entspannungsübungen zu machen und sich schließlich „nach eingehender Beratung” darauf eingelassen, der Frau eine halbe Pille eines Psychopharmakas für den nächsten Tag verordnet. Nicht ohne sie darauf hinzuweisen, dass nur diese eine Tablette in dieser einzigartigen Situation genommen werden sollte.

Versteckte Kamera

Einige Tage später sei der Arzt von Patienten auf den Beitrag aufmerksam gemacht worden. „Die etwa zehnsekündige Sequenz, bei der das Gesicht des Mediziners schraffiert worden war, vermittelt den falschen Eindruck, Ärzte verschreiben sofort abhängig machende Medikamente”, so Vormbrock. Außerdem sei es strafbar, heimlich Film- und Tonaufnahmen zu machen.

„Stimmt nicht”, streitet RTL-Sprecherin Heike Schulz ab. „Es ist nicht unüblich, bei investigativen (investigare bedeutet im lateinischen enthüllen, genau aufspüren, Anm. d. Red.) Geschichten mit einer versteckten Kamera zu arbeiten.” Erfahrene Kollegen aus der RTL-Redaktion seien seit Jahren mit versteckten Kameras unterwegs.

Trotz der in Köln scheinbar gängigen Praxis stellte das Landgericht Düsseldorf in der Eilentscheidung jetzt klar, „dass bereits die heimliche Anfertigung von Film- und Tonaufnahmen in den Räumen des Arztes unzulässig waren”. Es wurde eine einstweilige Verfügung gegen den Sender erlassen. Danach sei es RTL verboten, bei Meidung einer Ordnungsstrafe bis zu 250 000 Euro, in Zukunft wieder heimlich derartige Aufnahmen in der Arztpraxis zu fertigen.

Mit fundiert recherchierten Enthüllungen hat diese Art von Journalismus für Hans Leyendecker, einem der profiliertesten Journalisten, nichts zu tun. „Da treibt man mit investigativem Journalismus Schindluder”, sagt er. Gerade bei den Privaten bleibe die normale Recherche nicht selten auf der Strecke. Er habe gelernt: „Als Journalist musst du dich immer zu erkennen geben.” Natürlich gebe es Notsituationen, in denen man undercover, als versteckter Ermittler, unterwegs sei. Der Besuch einer Arztpraxis gehöre aber nicht dazu. Der Mediziner erwägt jetzt eine Schadensersatzklage gegen RTL.