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Von einer „empfindlichen Störung der Szene“ war die Rede. Alles Unsinn. Knapp einen Monat nach Schließung des Filmportals kino.to haben mehr als ein halbes Dutzend Alternativangebote die angeblich vier Millionen täglichen Kunden aufgefangen.

„Kino.to abgeschaltet“ lautete die Nachricht, die am späten Nachmittag des 8. Juni viele Teenager in helle Aufregung versetzte. Wo jetzt die Lieblingsserie gucken? Wie an den neuesten Hollywood-Film kommen? „Fernsehen gucken“, war die Antwort der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU). Oder: „Ins Kino gehen.“ Was zeigt, dass die GVU die Jugend immer noch nicht kennt. Die mag sich nämlich nicht vorschreiben lassen, wann sie sich vor das TV-Gerät zu setzen hat, weiß in vielen Fällen aber auch nicht, woher sie das Geld für mehr als einen Kinobesuch im Monat hernehmen soll.

Statt die Ratschläge zu befolgen, machten sich die Halbwüchsigen deshalb auf die Suche nach Alternativen. Und schon bald flogen Nachrichten und E-Mails mit einschlägigen Internetadressen hin und her. Anfangs, erinnert sich die 15-Jährige Laura aus Dortmund, seien die lange existenten, aber nun neu entdeckten Seiten vom Ansturm wohl überrascht worden und zusammengebrochen. „Mittlerweile läuft das aber alles wieder problemlos.“

Das Portal war weit mehr als eine harmlose Suchmaschine

Wohl auch, weil die Anbieter dieser Seiten in ihre Infrastruktur und Speicherkapazitäten investiert haben. Geld, das sich lohnt, wie das Beispiel kino.to zeigt. Denn das Portal war weit mehr als eine harmlose Suchmaschine für Film- und Fernsehfreunde. Streng hierarchisch organisiert und mit besten Kontakten zu Filmvorführern soll das Portal nach GVU-Hochrechnungen im vergangenen Jahr durch Online-Werbung und dubiose Abo-Angebote über 14 Millionen Euro abgeworfen haben. Allein der Hauptbeschuldigte Dirk B. aus Leipzig besaß nach ersten Ermittlungen Konten im Wert von mehr als 2,5 Millionen Euro sowie mehrere Sportwagen in Deutschland und Mallorca. Dafür drohen ihm jetzt allerdings auch mehrere Jahre Gefängnis.

Die diversen Nachfolger ängstigt das nicht. Wie kino.to haben sie ihre Seiten auf Tonga registriert und Speicherkapazitäten in Ländern wie Russland oder der Ukraine angemietet. Was eine Identifizierung nahezu unmöglich macht. Auch Kino.to flog nur auf, weil es Streit mit „Angestellten“ gab. Daraufhin soll angeblich ein unzufriedener Mitarbeiter belastendes Material bei Ebay versteigert haben.

Um Kunden für ihr Angebot müssen sich die Seitenbetreiber nicht sorgen. Schon weil so genannte Streaming-Angebote anders als das Herunterladen technisch und rechtlich kaum verfolgt werden können. Vor allem aber weil, das Unrechtsbewusstsein auf Nutzerseite gegen Null tendiert. Gerade, wenn es um TV-Sendungen geht. „Warum“, fragt Lauras Freundin Maria, „sollen wir uns im Internet nicht ansehen, was vor ein paar Wochen frei empfangbar im Fernsehen lief?“