Essen. . In einer ungewöhnlichen Tatort-Folge musste Hauptkommissarin Eva Saalfeld (Simone Thomalla) am Pfingstmontag nicht nur eine Mordserie aufklären, sondern sich auch ihrer eigenen, schmerzlichen Vergangenheit stellen.

Im vorletzten Tatort war es eine bulgarischen Bandenchefin und Killerin, die sich – als Schlusspointe – erfolgreich einer Festnahme durch die Wiener Behörden entzieht. In der letzten Woche folgten dann die eingeschleusten bulgarischen Altenpflegerinnen in München.

Aber wer nun glaubt, Bulgarien sei das heimliche neue Gastland in der beliebten TV-Krimiserie, der irrt. In Leipzig haben Hauptkommissarin Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Hauptkommissar Andreas Keppler (Martin Wuttke) nämlich ganz andere, eher hausgemachte Sorgen. Und davon reichlich.

In der Folge „Nasse Sachen“ scheint es zunächst um kriminelle Autoschieber zu gehen. Klassisch wird der Krimi aufgebaut, mit drei Toten in der ersten halben Stunde und die Tatortermittler und Gerichtsmediziner scheinen alle CSI-Staffeln gesehen zu haben. Doch mit „nasse Sachen“ wurden beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR (auch bekannt als Stasi) intern Gewaltmaßnahmen bis hin zum Mord bezeichnet. Und so wird schnell aus einem einfachen Krimi eine komplizierter Fall von Vergangenheitsbewältigung, in dem Stasi-Unterlagen, Nikolaikirche, das „Attentat“ auf Erich Honecker und die Verkehrskontrolle eines Trabant (auch bekannt als Trabi) entscheidende Rollen spielen.

Simone Thomalla spielt mit sichtlich Spaß

Spätestens hier verlässt das Buch von Andreas Knaup die klassischen Tatort-Pfade, zu denen es z.B. gehört, dass man spätestens zwanzig Minuten vor Schluss den Täter kennt. Hier in Leipzig aber erhält die bisher – im Vergleich zu ihren Tatort-Kolleginnen – eher blass angelegte Figur der Eva Saalfeld eine spannende Familiengeschichte und somit schärfere Konturen, die Simone Thomalla sichtlich Spaß bereiten, obwohl sie alles andere als spaßig sind. Da ist es dann auch unbedeutend, dass wir alle wissen, wo die Waffe des von ihr angeschossenen Georg Hentschel (Uwe Preuss) geblieben ist, nach der viel zu lange fieberhaft gesucht wird. Da die Waffe zunächst nicht gefunden wird, muss Simone Thomalla auch 12 Filmminuten als suspendierte Kommissarin bestreiten.

Jetzt wird es in Leipzig eine eher ungewöhnliche Folge, in der Andreas Knaup in seinem Tatort-Debüt jede Menge Tricks und Kniffe aus seinen Bühnenarbeiten in Schauspiel, Musical, Operette und Oper einbaut: der Showdown ist ein für Tatortverhältnisse längerer Dialog, in dem Eva Saalfeld und ihr bewaffneter Gegenüber die deutsche und ihre private Geschichte aufarbeiten. Ein kleiner Schlenker zu einem Handballtorwart wird leider nicht gezeigt. Dafür – und das ist selten für männliche Drehbuchschreiber bei Tatort – macht Kollege Andreas Keppler die größten Patzer während der Ermittlungen. Das Finale ist schließlich ungewohnt ruhig: das Ermittlerduo befindet sich auf einem Friedhof und Eva Saalfeld hakt sich beim Weggang dann doch bei Keppler unter.

Tatort „Nasse Sachen“, Regie: Johannes Grieser, Buch: Andreas Knaup, mit Simone Thomalla und Martin Wuttke.

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