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In einer aufschlussreichen Sendung beleuchtete Maybrit Illner mit ihren Gästen den Zustand des deutschen Fernsehens. Am Ende wurde klar: Mit Thomas Gottschalks Abschied vom ZDF endet auch ein Kapitel niveauvoller Unterhaltung.
Der Anspruch, gute Unterhaltung zu bieten, treibt sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Sender an. Aber was in Deutschlands Fernsehwelt als gute Unterhaltung gilt, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Nicht wenige Kritiker sind sich sogar sicher, dass die im deutschen Fernsehen schon lange nicht mehr zu finden ist. Entertainer Thomas Gottschalks Ankündigung am vergangenen Wochenende, als „Wetten, dass..?“-Moderator aufzuhören, hat noch einmal Bewegung in die Diskussion gebracht. Polit-Talkerin Maybrit Illner sprach mit Gottschalk, Schauspieler und Dschungelcamp-Veteran Matthieu Carrière, TV-Produzentin Ute Biernat und „Zeit“-Chefredakteur und TV-Talker Giovanni di Lorenzo darüber, ob die Gunst des Fernsehzuschauers und damit die Zukunft auf dem Bildschirm dem Dschungelcamp oder dem Wettsofa gehört.
Authentischer Stoff berührt die Menschen immer
„Was hätte Samuel Koch machen müssen, um die Wette zu verlieren?“ Giovanni Di Lorenzo sprach mit dieser Frage einen wesentlichen Punkt an. Der Unfall des jungen Mannes in der Dezember-Ausgabe von „Wetten, dass..?“ war der Auslöser für Thomas Gottschalks Entscheidung, als Moderator aufzuhören. Eine derart riskante Wette überhaupt stattfinden zu lassen, zeigt, unter welchen Druck das Format geraten war. Um gegen Konkurrenten der Unterhaltungsindustrie wie Dieter Bohlen zu bestehen, konnte Gottschalk sich nicht mehr mit harmlosen Belanglosigkeiten zufrieden geben. Können Sendungen wie „Wetten, dass..?“ neben „Deutschland sucht den Superstar“ und dem „Dschungelcamp“ überhaupt noch bestehen?
Eins ist sicher, meint DSDS- Produzentin Ute Biernat: „Nett zieht nicht mehr“. Die Einschaltquoten geben ihr Recht. Unverständlich bleibt aber, warum die Zuschauer so sehr darauf erpicht sind, andere Leute in ihrem Alltag und oft in ihrem Elend zu beobachten. Giovanni di Lorenzo sah eine Erklärung in der Tatsache, dass authentischer Stoff die Menschen immer berührt. Er gab selbst zu, Spaß am Dschungelcamp gefunden zu haben. Zum Glück geriet er aber nicht so sehr ins Schwärmen wie Matthieu Carrière, der seinen Aufenthalt im Camp als „die großartigste Erfahrung seines Lebens“ bezeichnete.
Thomas Gottschalk wirkte erleichtert
Wer Gottschalk an diesem Abend gesehen hat, musste unweigerlich an einen alten, weise gewordenen Clown denken, der seinen letzten Auftritt im Rampenlicht hinter sich hat. Der Entertainer wirkte nicht betrübt, sondern im Gegenteil fast schon erleichtert über seine Entscheidung. Etwas schwermütig konnte nur der Zuschauer werden, wurde doch deutlich, dass sich mit Gottschalks Rückzug auch ein Kapitel niveauvoller Unterhaltung aus dem deutschen Fernsehen verabschieden wird.
Der Moderator traf es auf den Punkt, als er sagte: „Ich freue mich, dass ich es geschafft habe, einen Justin Bieber neben einem alten Herrn Paul McCartney auf der Couch sitzen zu haben“. Ihm war es gelungen, unterschiedliche Generationen und Interessensgruppen in einer Sendung zu vereinen, die nicht nach dem „Hau-Drauf-Prinzip“ funktionierte. Die bei den Zuschauern so beliebten Casting-Shows kritisierte er scharf und warf ihnen vor, dass sie den Jugendlichen ein falsches Bild vom schnellen Ruhm lieferten.
Quotendruck war das Wort, das in der Talkshow am Donnerstagabend am häufigsten fiel. Die Gesprächsteilnehmer waren sich einig, dass es sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den privaten Sendern an Innovation fehlt - ein „Armutszeugnis“, befand Di Lorenzo. Das sei unter anderem ein Grund dafür, dass so gut wie keine Sendung es geschafft habe, sich im Ausland zu etablieren. Im Gegenteil, stellte Biernat fest: Sämtliche Formate, die hierzulande gut liefen, seien Importe aus dem Ausland.
Der Tenor der Sendung war eindeutig: Das deutsche Fernsehen muss mutiger werden.