Essen.. Zuschauer haben oft das Gefühl, dass die Sender den Ton kräftig aufdrehen, sobald sie Fernsehwerbung zeigen. Doch die Sender streiten das ab.
Das Pärchen auf dem Fernsehschirm schmachtet dem ersten Kuss entgegen. Tauscht säuselnd-flüsternd Lieblichkeiten aus, Köpfe nähern und neigen sich, feuchte Lippen wollen miteinander verschmelzen. Doch im Moment der Momente brüllt eine Stimme den in Romantik versunkenen Zuschauer auf der Couch an: „GEIL IST GEIL!“ Werbepause. Wo war nochmal die Stummschalte-Taste auf der Fernbedienung?
Alle Zuschauer sollen die Anpreisungen für das bunteste Waschmittel, die härteste Technik und den verführerischsten Müsliriegel hören. Auch die, die in der kurzen Pause kurz mal den Kühlschrank erleichtern oder eine Tür weiter sind. Deswegen drehen die Sender scheinbar die Lautstärke hoch. Wie der Marktschreier, dessen Stimme lauter wird, wenn man selbst schon längst am nächsten Stand ist.
„Am oberen Limit“
Sender wie WDR, RTL und ZDF streiten jedoch ab, dass sie die Lautstärkeregler für Werbung oder Trailer hochziehen würden. „Subjektiv lauter“, lautet unisono die Antwort. Es scheine nur so, als ob Werbespots lauter sind, sind sich die Sprecher der Sender einig. Doch gleichzeitig räumen ZDF und RTL, VOX, Super RTL und n-tv ein, dass die Spots „am oberen Limit“ produziert werden und den Dynamikbereich voll ausschöpfen würden. Will heißen: So wie der gellende Schrei der alsbald gemeuchelten Dame im Krimi, so sehr darf auch die komplette Werbung die Lautsprecher beanspruchen.
„Während Werbespots ein konstantes Lautstärke-Niveau haben, ist es in Spielfilmen stark von der jeweiligen Szene, der Hintergrundmusik und -geräusche abhängig“, teilt RTL mit. Zudem sei das menschliche Ohr sehr träge, wenn die Lautstärke von leise auf laut umspringe. Auf die – nur subjektiv – lautere Werbung müsse sich das Gehör erst einstellen. Der WDR erklärt die Unterschiede mit einer hohen Tonkompression bei den Programmtrailern. Leicht schwankende Pegel werden dabei auf ein Niveau gebracht, so dass die Tonspur insgesamt lauter produziert werden kann.
Alle Sender sind sich über die Problematik der Werbelautstärke bewusst. Doch obwohl sie wissen, wo die Probleme liegen, suchen alle noch nach einer Lösung. Einige – meist ältere -- Zuschauer klagen nicht nur über Lautstärke-Schwankungen zwischen Programm und Werbung, sondern innerhalb der Filme selbst. Dialoge seien nicht mehr zu verstehen, weil Musik und Hintergrundgeräusche zu laut seien.
Ältere hören schlechter
Die Sender sehen die Verantwortung dafür auf Seiten der Regisseure und Tonmeister der Sendebeiträge und weisen auf deren künstlerische Gestaltungsfreiheit hin. Das ZDF verweist auf unterschiedliche Vorstellungen in verschiedenen Altersgruppen. Zudem „hören ältere Menschen häufig schlecht, zum Beispiel Zischlaute, und verfügen nicht über eine aktuelle Gerätegeneration (Fernseher) mit entsprechend hochwertigen Lautsprechern“, so das ZDF.