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Der Zeitpunkt war fein gewählt, die Bühne auch. Der Ende März unfreiwillig ausscheidende ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender zog im „Spiegel“ vom Leder. Er fühlte sich von Parteispitzeln in der Kollegenschar ausgehorcht, „wirklich vergleichbar mit den IM der DDR“. Seinem Noch-Chef Markus Schächter ging die Abrechnung zu weit.

Brender, seit wenigen Wochen 61, hat nichts mehr zu verlieren. Sein Vertrag wurde auf lautstarkes Betreiben von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und mit stiller Duldung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht verlängert.

So pflegte der einstige Jesuiten-Schüler aus dem badischen Breisgau im Gespräch mit dem Hamburger Nachrichten-Magazin das offene Wort. Es war ein Blick zurück im Zorn: Der noch amtierende Chef der ZDF-Infoschiene beklagte, das politisch motivierte Posten-Geschachere am Mainzer Lerchenberg werde „von besonderem Machthunger getrieben“. Die Parteien kontrollieren laut Brender auch gesellschaftliche Gruppen in den Sendergremien wie Gewerkschaften und Kirchen, Sozial- und Öko-Verbände.

Zudem kritisierte Brender Einflussversuche von Staatskanzleien mit Lob und Tadel – „je nach Gefälligkeit der Berichterstattung“. Er selbst habe „ein chronisch angestrengtes Verhältnis zu allen Regierungssprechern von Uwe-Karsten Heye bis Ulrich Wilhelm“ gehabt.

Brender zufolge wurden sie und andere Entscheider der Parteien von „in erster Linie verdeckt“ arbeitenden ZDF-Kollegen mit Sender-Interna versorgt – wie einst die Spitzel bei der Stasi. Er habe allerdings herausgefunden, aus welchen Quellen Informationen geflossen seien: „Ich habe das auch in Schaltkonferenzen immer wieder angesprochen.“ Es seien „wenige, aber die wenigen sind immer noch zu viele“ – zumal die Informationen ein Mix aus „Halbwahrheit“ und „Diffamierung“ gewesen seien.

Zugleich warf Brender seinen Kritikern wie Koch und dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) vor, ihm ihren Unmut nicht ins Gesicht gesagt zu haben: „Manche von denen haben ja sogar noch versucht, mich öffentlich zu umarmen, während sie hintenrum an meinem Stuhl sägten, wie etwa der Merkel-Vertraute Willi Hausmann.“

Brender selbst sagte, er sei parteilos. Seinen Führungsstil nannte er „engagiert“. Er sei „kein Diplomat und kein wandelnder Vermittlungsausschuss“. Und: „Ich kritisiere genauso heftig, wie ich leidenschaftlich loben kann.“

Sollte das Bundesverfassungsgericht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk „Staatsferne, Form und damit Zukunft“ sichern, hätte die Debatte um seine Person „einen Sinn gehabt“.

Der ZDF-Intendant Markus Schächter war von den Äußerungen seines leitenden Angestellten nicht amüsiert. Er polterte, Brenders Brandrede sei „in der Sache falsch und in der Form maßlos und inakzeptabel“. Seine Mitarbeiter sieht Schächter diffamiert. Der Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, stieß sich an Brenders Stasi-Vergleich. Der Journalisten-Verband DJV äußerte sich zurückhaltend und wollte ein Spitzel-System beim Sender so nicht bestätigen.