Essen. .

Erst essen, dann streiten: Das Thema Dioxin ließ TV-Talkerin Anne Will am Sonntag ganz praxisnah aufgreifen. TV-Koch Christian Rach servierte erstmal Omelett. Zwei der Gäste mochten lieber nicht probieren.

Die Aufregung über die Funde von mit Dioxin belasteten Futter für Geflügel war während der Talkrunde bei Moderatorin Anne Will am gestrigen Abend bei weitem noch nicht verflogen. Neben mangelnder Transparenz bei der Produktion von Lebensmitteln gab es auch Streit um eine tiergerechte Haltung.

Dem wenig appetitlichen Thema Dioxin versuchte Sterne- und TV-Koch Christian Rach zu Beginn wenigstens eine schmackhafte Note zu geben. Aus Eiern verschiedener Herkunft hatte er Omelette zubereitet, das sich jedoch nur Ex-Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke, Thomas Janning, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), und Rach selber schmecken ließen. Theologe Peter Hahne lehnte ab: „Ich ekele mich.“ Auch Buchautorin Karen Duve sagte ebenso kopfschüttelnd Nein.

Alle Diskussionsteilnehmer waren sich darin einig, dass sich die Lebensmittelgesetze verändern müssten. Dioxin, das Krebs erregende Gift, das sich im Körper anlagert und nur schwierig wieder abzubauen ist, dürfe schlicht nicht ins Tierfutter gelangen. Ex-Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke hatte nach eigener Aussage schon vor zehn Jahren neue Bestimmungen geplant, die eine deutliche Trennung bei der Produktion von technischen Fetten und der Lebensmittelproduktion vorsahen. Ein Vorhaben das europaweit hätte gelten sollen, das bis dato allerdings nicht umgesetzt wurde.

Zwei Lager in der Diskussionsrunde

Auch ohne eine solches Gesetz war es für die Runde ein Rätsel, wie Dioxin ins Ei geraten könne. Christian Rach: „Das Ei ist das am stärksten reglementierte Lebensmittel.“ Thomas Janning hatte ein außerordentliches Maß an krimineller Energie als Ursache ausgemacht. Seiner Meinung nach hatten mit der kurzfristigen Sperrung der Geflügelhöfe die Kontrollmechanismen ihre Tauglichkeit bewiesen. Für Duve, eine Verfechterin ethischer Tierhaltung, war der Preiskampf in der Lebensmittelbranche die Ursache. Futtermittel werde möglichst billig eingekauft, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Das Zuschalten von Julia Klöckner in die Sendung brachte wenigstens etwas Klarheit darüber, warum das für Dioxin-Skandal verantwortliche Unternehmen nicht früher aufgefallen war. Laut den Informationen der Staatssekretärin des Verbraucherschutzministeriums war der Zulieferer der Futtermittelhersteller lediglich als Lieferant für industrielle Fette angemeldet. Daher hätten Kontrollen nicht eher gegriffen. Solch ein Handeln werde künftig hart bestraft, kündigte sie an. Vorläufige Entwarnung konnte sie für Verbraucher geben. Bei den bisher untersuchten Geflügel- und Eierhöfen seien keine Waren mit deutlich über dem Grenzwert liegenden Dioxin-Werten aufgefallen.

Die Einspielung von Szenen aus der Massentierhaltung und der Schlachtung von Rindern und Schweinen – unter anderem wurde gezeigt wie Ferkel ohne Betäubung kastriert wurden – zementierte letztlich die Lagerbildung in der Diskussionsrunde. Auf der einen Seite sprachen sich Peter Hahne und Karen Duve für einen respektvolleren Umgang mit Nutztieren aus. Auf der anderen Seite sahen Funke und Janning tiergerechte Haltung auf einen guten Weg.

Letztlich stand am Ende der Diskussion, die Frage, wie sich in der Haltung von Nutztieren etwas zum Positiven für Rinder, Schweine und Geflügel verändern könne und welchen Einfluss darauf Verbraucher haben könnten. Peter Hahne: „Ich wäre bei tiergerechter Haltung dazu bereit, mehr zu bezahlen.“ Wenngleich er in der Gesellschaft eine „Geiz-ist-geil-Mentalität“ als Hemmschuh für einen bewussteren Einkauf ausgemacht hatte. Karen Duve wünschte sich mehr Transparenz bei der Lebensmittelproduktion und prangerte die Scheinheiligkeit auf den Verpackungen mit tierischen Produkten an. Ihr Vorwurf: die Lebensmittelindustrie bilde darauf ein fälschlich natürliches Idyll ab. Christian Rach dagegen hatte eine einfache Lösung parat. „Wenn auf der Schachtel nur unverständliche Hieroglyphen stehen, dann sollte man die Ware am besten nicht kaufen“, sagte der Fernsehkoch.