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„Die Buddenbrooks“ als opulenter Augenschmaus zu Weihnachten: Arte und das Erste zeigen Heinrich Breloers Verfilmung des Jahrhundertromans von Thomas Mann – und der „Director’s Cut“ bietet 40 Minuten mehr Film als im Kino.
Erst war’s Weihnachtskino, jetzt gibt es einen opulenten Augenschmaus zum Fest im Fernsehen: Heinrich Breloers „Buddenbrooks”. 1,3 Millionen Menschen sahen den Film 2008/2009 im Kino. Das 16-Millionen-Spektakel – nach dem „Boot“ die teuerste Produktion der Bavaria – spielte jedoch seine Kosten kaum ein. Weltweit kamen laut Fachdienst „boxofficemojo.com“ gerade mal rund 13 Millionen Euro zusammen.
Den Zuschauern wird bei Arte (Donnerstag, 20.15 Uhr) und im Ersten (27. und 28. Dezember, jeweils 20.15 Uhr) kein pures Kino-Recycling geboten. Stattdessen gibt es eine um 40 Minuten verlängerte Fassung – die Rede ist von einem „Director’s Cut“, einer Fassung, die vom Regisseur höchstselbst abgesegnet ist. Gefühlskino in XXL – und das von großen deutschen Mimen wie Iris Berben, Jessica Schwarz, August Diehl und nicht zuletzt Armin Mueller-Stahl, der gerade 80 wurde.
All das, was der Roulettetisch namens Leben an Gewinn bereithält, ist am Ende verspielt
Doch zurück zum Stoff: Es gibt Bücher, die sich immer wieder anders lesen. Und so ist aus Thomas Manns Jahrhundertroman „Die Buddenbrooks” fast so etwas geworden wie die Vorstudie zur aktuellen Finanzkrise. Man kann das ausschlachten, muss es aber nicht. Deshalb ist Regisseur Breloer zu loben, wie er den Bogen vom Kaufmannsniedergang an der Schwelle zur Industrialisierung zur heutigen Weltwirtschaftskrise gezogen hat, ohne ihn zu überspannen. Nein, seine Lübecker Patrizier sind immer noch Menschen von holsteinischem Schrot und Korn, streng in ihrer Moral, eisern in ihrer Disziplin, rechtschaffen in ihren Geschäften, überlegen in ihrem Standesstolz, skeptisch gegenüber schwärmerischen Glücksansprüchen. Und trotzdem ist all das, was der Roulettetisch namens Leben an Gewinn bereithält, am Ende des Romans verspielt: Liebe und Wohlstand, Ansehen, Einfluss und Familienzusammenhalt.
190 gefühlsgesättigte Minuten gibt Breloer dieser nobelpreisgekrönten Geschichte vom Fall einer Handelsdynastie, erzählt von den Rivalitäten der Reichen, ihrem Scheitern am Umbruch und auch an ihrer Starrheit. Ein opulentes Projekt mit großen Kulissen, erlesenen Kostümen – und starken Darstellern.
Opulentes Projekt mit gorßen Kulissen, erlesenen Kostümen und starken Darstellern
Mueller-Stahl hat für den Part des Patriarchen gar Hollywood abgesagt. Er ist das erhabene Zentrum in einer überhitzten Handelswelt, in der Familie und Firma zugleich den Wachstums-Strategien unterworfen und Geldhochzeiten an der Tagesordnung sind. So konzentriert sich der Film rasch auf die großbürgerlichen Beziehungsanbahnungen. Bewegend sind diese Schicksale, Tode, Niedergänge.
Breloers Kinodebüt ist nah an der Vorlage und doch kein Museumsstück. Wie der Autor seine Seelenbilder in detailverliebte Raumskizzen überträgt, malt die Kamera von Gernot Roll Stimmungsbilder in Goldbraunpatina, fährt durch Ballsäle und Kontore, Flure und Salons. Lübeck rückt vor allem mit dem Holstentor ins Bild – ein Wiedererkennungszeichen, das die Zuschauer bei der Stange halten soll.
Unterm Strich bieten „Die Buddenbrooks” stimmungsvolles Weihnachtsfernsehen. Es erzählt vom Untergang, aber auch von Zuversicht. In jedem Scheitern steckt ein Neuanfang.