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Emergency Room, Sex and the City oder 24: Viele innovativen Fernseh-Serien hatten ihre Deutschland-Premiere bei der Cologne Conference. Sonntag startet das TV- und Filmfestival in Köln. Serienfans sind inzwischen Forschungsobjekte für Studenten.

Mit DVD-Boxen von TV-Serien verhält es sich so wie mit Literaturklassikern im Bücherregal: Jeder soll sie sehen. Niemals würde ein Serienfan seine „Lost“- oder „Grey’s Anatomy“-Staffeln in der Schublade aufbewahren. Die Boxen werden genauso so aufgestellt, dass der Besuch die wertvolle Sammlung gar nicht übersehen kann. TV-Serien sind derzeit nämlich schick und vor allem gesellschaftsfähig.

Vor zwanzig Jahren schämte sich der Fernsehzuschauer noch für seine Lieblingsserien „Dallas“ und „Denver Clan“. Heute wird gerne davon gesprochen, „Grey’s Anatomy“, „Lost“ oder „Six Feet Under“ zu mögen. Selbst das Feuilleton deutscher Tageszeitungen outet sich als Fan bestimmter US-Serien wie „The Wire“ oder „Mad Man“ und bezeichnet sie als „neue Avantgarde“ oder „Hochkultur“.

Serienfans suchen sich andere Quellen als das Fernsehen

Die Medienwissenschaftsstudentin Sarah Kumpf schaut selbst gerne US-Serien und hat für ihre Abschlussarbeit zehn Menschen über ihre Lieblingsserien und ihr „Guck“-Verhalten befragt und dabei vor allem eines herausgefunden: TV-Serien werden nicht mehr nur allein im Fernsehen geschaut. Zwar erreicht ProSieben mit „Grey’s Anatomy“, „Private Practice“ oder „Desperate Housewives“ jede Woche hohe Einschaltquoten, gleichwohl setzt der Sender einige US-Serien nach wenigen Folgen wegen schwacher Quoten wieder ab. Bei „Pushing Daisies“, „Eli Stone“, „The L Word“ oder auch „Veronica Mars“ war nach spätestens einer Staffel wieder Schluss. Auch die Teenie-Serie „One Tree Hill“ – in den USA lief die siebte Staffel gerade sehr erfolgreich im Fernsehen – hat ProSieben nach wenigen Folgen bereits aufgegeben. Vor einigen Wochen hat Vox die Serie aber mit ins Nachmittagsprogramm genommen. „Viele sehr gute Serien haben nur kleines Publikum und daher schlechte Einschaltquoten“, sagt die 27-Jährige, „das führt dazu, dass sich die Serienfans andere Quellen suchen.“

Gucken ist erlaubt

Neben den DVD-Boxen sind Streams im Internet momentan sehr beliebt. Googelt man seine Lieblingsserie in Kombination mit dem Begriff „Stream“, kann man die Serie in mal besserer, mal schlechterer Qualität im Netz schauen. Das ist erlaubt. Illegal wird es erst, wenn Folgen heruntergeladen oder selbst ins Internet gestellt werden.

Streams und DVD-Boxen haben zudem einen entscheidenden Vorteil für Serienfans: Jeder kann seine Lieblingsserie zu beliebigen Zeiten und an jedem Ort schauen. Die Konkurrenz aus dem Netz scheint auch den Fernsehsendern nicht entgangen zu sein: Bei ProSieben zum Beispiel kann man die neueste Folge von „Gossip Girl“ noch eine Woche auf der Homepage gucken. Neue Folgen von „Scrubs“, „Two and a half Man“ oder eben „Grey’s Anatomy“ findet man aber nicht.

Sarah Kumpf beschreibt den Durchschnitts-Serienfan übriges so: Wer gerne US-Serien schaut, hat gewöhnlich einen Uni-Abschluss, hält sich für intelligent und lebt unabhängig. Er oder sie ist Serien-Fan, aber kein Junkie, emotional involviert und gleichzeitig kritisch distanziert. Besonders hoch im Kurs sind „Grey’s Anatomy“, „Dexter“ sowie die Sitcoms „How I met your mother“ und „Big Bang Theory“. Deutsche Produktionen fallen dagegen gnadenlos durch das Qualitätsraster. Denn welcher gebildete Zuschauer gibt schon gerne zu, dass er doch hier und da mal bei „Verbotene Liebe“ einschaltet?