Essen. Die Sache mit Stefan Raab ging gründlich schief. Alle, die in der ARD den ProSieben-Star als Retter für den angestaubten Eurovision Song Contest holen wollten, zogen ihre Schirme weg, so dass nur einer im Regen stand: ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber. Doch der Fall steht für mehr.

Die ARD-Unterhaltung steckt in der Krise.

Dabei gab es mal eine Zeit, da das Erste Kreativ-Personal hatte. Einer davon war Jürgen von der Lippe. Von „So isses” bis „Donnerlippchen”, von „Geld oder Liebe” bis „Wat is?” – der notorisch in Hawaii-Hemden gewandete Entertainer war immer gut für schräge Einfälle, launigen Humor und gute Quoten. Allein, es ist Geschichte, vorbei.

Es riecht nach Mottenkugeln

"Verstehen Sie Spaß?" verströmt den Charme von Mottenkugeln. (c) ddp © ddp | ddp





Heute überrascht die ARD gern mit dem, was wir schon kennen. Ob „Die große Show der Naturwunder” am Donnerstagabend oder „Verstehen Sie Spaß?” – die Shows der gebühren-finanzierten Sender-Gruppe riechen nach Mottenkugeln.

Neue Hauptabend-Shows setzten auf bekannte Marken. „Frag doch mal die Maus”, beispielsweise, markiert keinesfalls die Rückkehr der großen Samstagabendshow – sie variiert allenfalls geschickt Motive einer 37 Jahre alten Wissenssendung. Sie appelliert an Sehgewohnheiten eines in Würde ergrauten Publikums.

Oder das Erste bedient sich bei den Privaten. So trägt Jörg Pilawas Vorabend-Show "Das Quiz" unverkennbar Züge der RTL-Show „Wer wird Millionär?”.

Kurzum: Beim Ersten ist Schluss mit lustig.

Da überrascht es wenig, dass das Erste – nur das Zweite trifft es schlimmer – beim jungen Publikum kaum noch eine Rolle spielt. Die Quote spielt zwar bei den Öffentlich-Rechtlichen mit Blick auf Werbung keine Rolle. Dennoch ist sie nicht unwichtig. Auch junge Leute wollen etwas für ihre Gebühren sehen.

Elefanten und Gremlins




Stellt sich die Frage, warum die ARD auf der Stelle tritt. Günther Jauch wies nach dem Wirrwarr um die Nachfolge beim Christiansen-Talk mit dem Finger auf die Gremien, die Rundfunkräte, die die Öffentlich-Rechtlichen kontrollieren, schimpfte sie, in Anlehnung an einen Horrorfilm, „Gremlins”.

Doch die Polemik trifft nicht ganz. Oft sitzen die Bedenkenträger gar nicht in den Gremien, sondern in den Chef-Etagen. Jauch winkte ab, sagt einer, der es weiß, weil sich „Elefanten” nicht einigen konnten.

Doch was, bitte, kann die ARD-Unterhaltung retten? Nicht hilfreich ist, kreative Köpfe wie Ina Müller oder Kurt Krömer ins Niemandland mitternächtlicher Sendeplätze zu verbannen. Stattdessen muss – Demokratie hin, Kontrolle her – Kompetenz für Gemeinschaftsaufgaben zentralisiert werden.

Es gibt aber bei der ARD auch Querdenker, die ganz andere Ideen haben. Einer von ihnen fragt ketzerisch: „Brauchen wir die Unterhaltung im Ersten überhaupt noch?”

Also: Schluss mit lustig?

Nicht ganz. Ohne Weiteres will sich der ARD-Spaßbeauftragte Thomas Schreiber nicht geschlagen geben. Am Samstag, 11. Juli, mitten im quotenarmen Sommer, lässt er einen Testballon steigen. Pilawa bittet zu einer neuen Spielshow. Sie soll „Der große Coup” (Titel) sein. Als Preis winkt großes Geld in kleinen Münzen – eine Tonne. Ob die Show „ein ganz neues Level” erreicht, werden wir sehen.

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