Hattingen. Wenn Landwirte das Weib ihres Lebens suchen, wollen das immer wieder montags acht Millionen Zuschauer sehen. Jetzt endet die Sendung „Bauer sucht Frau”. Aber wie groß ist die Frauennot auf dem Lande wirklich?

Wir sehen: Ein Typ, der aussieht wie ein Gewaltverbrecher, tuckert auf dem Trecker eine Landstraße entlang. Wir hören aus dem Off: „Der warmherzige Rinderwirt Uwe holt voller Erwartung seine Herzensdame von der Bushaltestelle ab.” Kurz danach erzählt Carolin (40), dass Uwe sie von der Bushaltestelle abgeholt habe und angesichts dieser hohen Ereignisdichte, seufzen wir kurz auf, blicken wieder auf die Bügelwäsche und fragen uns, wie solch eine sinnentleerte TV-Show zurzeit alle Quotenrekorde schlagen kann: „Bauer sucht Frau” wollten an den letzten Montagen im Schnitt über acht Millionen Deutsche sehen.

Nun, da sich die Liebelei auf dem Lande ihrem Ende nähert, ist es Zeit, Licht ins Dunkel des Heuschobers zu bringen: Haben Bauern tatsächlich Probleme, die Partnerin fürs Leben zu finden? Und wie schwer ist das Landleben wirklich?

Sanfte Wiesen, idyllische Hügel

Wir sehen: sanfte Wiesen, idyllische Hügel. Wir hören: leises Pferdewiehern. Auf der Koppel hinterm Hattinger Schulenberger Wald steht Thomas Kost im Matsch. Seit 2003 bewirtschaftet Familie Kost die Felder nur noch teilweise. Daran, dass Leute ihr Reitpferd bei den Kosts unterstellen, verdient die Familie. Wer seinen Hof halten will, kann heutzutage nicht nur von der Landwirtschaft leben: Hofladen, Weihnachtsbaumverkauf, Kindergeburtstag im Heu, das ist der Nebenerwerb, der das Überleben sichert. Den elterlichen Hof zu übernehmen, das stand für Thomas Kost immer außer Frage. Briefträger ist er geworden, aber wenn er von der Schicht nach Hause kommt, geht er trotzdem rauf auf den Trecker: Pferdemist weg- oder Heu ankarren.

Thomas ist 34 und Single. „Weil ich noch nicht die Richtige gefunden habe”, sagt er. Prinzipiell aber sei der Landwirt bei der Damenwahl nicht benachteiligt, „das liegt doch an jedem selbst”! Von wegen, da widerspricht die nach eigenen Worten „stolze Bauerntochter” Claudia Lohmann (25): Kein Wochenende, nur selten Urlaub, keine Partys, immer früh aufstehen, das stellen sich Stadtmädels anders vor. Und Kerstin Nüfer, die aus der Stadt kam und einen Landwirt ehelichte, ergänzt: „Man muss schon wissen, worauf man sich einlässt. Man muss mithelfen. Und viele scheuen den Stallgeruch.”

Ein Stoffel pro Staffel

Nun, die Sehnsucht nach der Ehrlichkeit und Ursprünglichkeit des Landlebens erklärt keineswegs die Beliebtheit der Sendung „Bauer sucht Frau”. Auch Moderatorin Inka Bause weckt vor allem durch ihre Kurzhaarfrisur denn durch sinnvolle Wortwahl Interesse. Wurden in den ersten Staffeln ein Stoffel nach dem anderen vorgeführt, spielen diesmal auch anständige Naturburschen mit: der schüchterne Jungbauer Jan (22) etwa oder Schweinebauer Torsten (26). Aber da ist natürlich auch der singende Schäfer Heinrich (41), der nicht glücklich wurde, weil Wahlfrau eins vom Hof floh („er wollte mich als Gebärmaschine”) und er Wahlfrau zwei vom Hof schickte („sie müffelte”). Dafür singt er jetzt vorwiegend bei Dorffesten im Sauerland sein „Schäferlied”, die Single wird zurzeit massiv vermarktet und Heinrich gut beschäftigt. Dafür krallte sich Schäfers Mutti Johanna den „rüstigen Hühnerwirt Hansi” (71).

Bad in braun-orange

Über Heinrich also lachte sich die Nation kaputt und ebenso über braunorange gekachelte Bäder und Wohnzimmer in Eiche rustikal, über die zwanzigste fingelnagellackierte Frau, die sich auf dem Trecker-Sozius durchrütteln lässt oder über Leberwurstschnittchen im Heu. Die unmodische Bauernwelt scheint so fernab vom hiesigen Alltag, dass sie schon wieder exotisch ist.

Würde Thomas Kost, Bauernsohn aus Hattingen, in so einer Sendung mitmachen? „Niemals”, sagt er entrüstet in seiner guten Bauernstube, mit Kachelofen und Buffet in Eiche rustikal. „Das wäre mir zu peinlich.”

Im Hügelland hinter Hattingen weiß sowieso einjeder, wie man das Weib zum Wirt ergattert: auf dem Scheunenfest, das alljährlich die Landjugend veranstaltet. Fünf oder sechs Hochzeiten gäbe es alljährlich im Kreise der Landjugend Bredenscheid-Stüter, schätzt Kerstin Nüfer, und das sei doch eine gute Erfolgsquote, wenn Bauer Frau sucht.

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