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Der Wettbewerb ist das Ziel und so wird munter weiter gecastet, auch wenn die Nation längst einig scheint. Lena Meyer-Landrut zappelt sich ein ums andere Mal weiter nach vorn, bleiben noch fünf stimmgewaltige Konkurrenten. Die können singen, Lena kann „Unser Star für Oslo“ (USFO).

Geschmackssache, mehr nicht. Doch Stefan Raab machte Show nach Vorschrift, also aus acht mach´ sechs, da führt kein Geträller dran vorbei: Cyril Krueger und Katrin Walter sind Casting-Geschichte. Da war die „Arschbombe“ des Kölschen Mädchens zum Bauchklatscher wider Willen geworden, der „Beautiful Day“ des Frauenschwarms zum Durchschnittstag. Die Telefone blieben stumm, die Tränen auch. Doch der Sängerwettstreit um die große Sangesschlacht beim „Eurovision Song Contest“ (ESC) geht weiter: Wer wird es denn nun, „Unser Star für Oslo“?

Da versaut eine 18-jährige Zappelphilippine aus Hannover dem Raab doch glatt die Show. Jetzt drück´ der Lena Meyer-Landrut schon das Ticket in die Hand, Showgesetze hin oder her: Andere Kandidaten können singen – doch wen interessiert´s? Töne treffen weder Grönemeyer noch Nena geschweige denn Jurypräsident Raab höchst selbst. Lena Meyer-Landrut animiert Deutschland zum Download wildfremder Lieder, meistert mit Hummeln im Hintern jede gesangliche Schieflage, zaubert Honigkuchengesichter ins Publikum: Die Frau kann Star.

Zu gut für den Fernsehsessel

So grinste dann auch die Jury anerkennend, die sich nach Nenas Fremdschäm-Auftritt in der vergangenen Woche wieder zur gut gemeinten Schulterklopf-Truppe gemausert hatte. Sänger Sasha mit Pädagogen-Vollbart sorgte zwar kurzzeitig bei der Show-Band „Heavytones“ für Schweißausbrüche. „Von Dir würde ich gern Brian Adams oder Bon Jovi hören“, riet er Kandidat Cyril – das Problem löste sich bekanntlich von allein. Und Sängerin Cassandra Steen fand zwar vieles „Hammer!“ und zeigte sich von Kandidatin Sharyhan Osman gar „übelst beeindruckt“, gab sich aber ansonsten angenehm unaufgeregt. Immerhin schmiss sie keine Wassergläser durchs Studio – ein Pluspunkt!

Die sammelten auch die Kandidaten, allesamt eigentlich zu gut um von einer Lena Meyer-Landrut auf den Fernsehsessel verbannt zu werden. Sharyhan Osman ging dann auch frech in die Offensive, das Prinzip Lena schien durschaut: Eine Jazznummer musste her! Hatte sie in der vergangenen Woche noch auf überflüssiges Schuhwerk verzichtet, griff sie dafür gar zum Hut. Doch mit dem Alptraum aller Englischlehrer „Is you is or is you ain´t my baby“ hatte sich die Halb-Ägypterin wohl verwählt: Krampfige Lockerheit wirkt anstrengend. Auch bei USFO-Küken Jennifer Braun ging mit der Avril Lavigne-Ballade einiges schief, zumindest streckenweise die Töne.

Viel Lob von der Jury

Die engelsgleiche Kerstin Freking dagegen schien mächtig stolz darauf, einen Alanis Morissette-Text tatsächlich verstanden zu haben. Die Jury lobte kräftig: respektable Leistung, die Frau kann einen Ton halten. Und auch Schmuseonkel Leon Taylor streifte mit Lenny Kravitz sein Schnulzen-Korsett ab, das ihm sogleich von Stirnband-Träger Christian „Dursti“ Durstewitz aus den Händen gerissen wurde. Der Dorfjunge, der in jeder Moped-Reklame eine respektable Figur machen würde, hatte nämlich eigenes Liedgut dabei. Innovativ klingt anders, doch „Another Night“ entpuppte sich als gut gemachte Rockballade: „I want you/Yes I do“ – kennen wir, mögen wir, nehmen wir.

Und schon ist Bergfest, Halbzeit bei „Unser Star für Oslo“. Noch viermal gucken, fünfmal trauern, fünfzigmal anrufen und ein Auto gewinnen – dann war´s das schon wieder. Dann ist auch diese Geschichte zu Ende erzählt, eigentlich ist sie das jetzt schon. Lena, geh´ Dein Ticket kaufen, überzeug´ die Osteuropäer, hol´ 12 points beim ESC! Doch vielleicht gibt es ja noch Überraschungen. Dass der schöne Cyril gehen musste war so eine. Geschmackssache eben.