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Nur wenige Kandidaten einer Casting-Show schaffen dauerhaft den Sprung in die Charts. „Unser Star für Oslo“ scheint großes Potenzial zu besitzen. Der Chef der Popakademie Mannheim analysiert vor der Show am Dienstagabend das Casting-Format und verrät die Zukunftschancen der Teilnehmer.

Zehntausende Deutsche bewerben sich Jahr für Jahr bei Casting-Shows wie „Deutschland sucht den Superstar“ und Popstars. Sie träumen von der großen Karriere im Musikgeschäft, doch bei den meisten zerplatzen die Hoffnungen schon früh wie Seifenblasen. Selbst bei den Gewinnern gibt es nur wenige, die dauerhaft in den Charts präsent sind.

Die Moderatoren Matthias Opdenhövel (li.) und Sabine Heinrich sowie Jury-Präsident Stefan Raab bei der Präsentation des neuen Casting-Formates „Unser Star für Oslo“.
Die Moderatoren Matthias Opdenhövel (li.) und Sabine Heinrich sowie Jury-Präsident Stefan Raab bei der Präsentation des neuen Casting-Formates „Unser Star für Oslo“.

„Deshalb ist das Casting-Format von Stefan Raab bei ,Unser Star für Oslo’ genau richtig“, sagt Professor Udo Dahmen, künstlerischer Direktor der Popakademie in Mannheim. Im DerWesten-Gespräch analysiert der Musik-Experte die Chancen von Casting-Teilnehmern in der Pop-Branche und das Erfolgsgeheimnis gestandener Stars. Zudem verrät er, wer auf dem besten Weg ist, Deutschland beim „Eurovision Song Contest“ zu vertreten.

Vielversprechende Talente

Das Niveau bei „Unser Star für Oslo“ bezeichnet Dahmen vor der heutigen Show als vielversprechend. „Es sind durchaus Talente dabei, die nicht im Zentrum von Mainstream stehen, sondern etwas Spezielles ausstrahlen.“ Wie groß die künstlerische Substanz letztlich sei, müsse man noch abwarten. Aber bei einigen Teilnehmern habe er das wichtige Zusammenspiel von angeborener Originalität, handwerklichem Talent und Charisma entdeckt.

„Lena Meyer-Landrut besitzt zum Beispiel dieses besondere Charisma, das ein Star braucht. Sie strahlt eine gewisse Frische und Frechheit aus.“ Während ihr stimmliches Potenzial noch weiterentwickelt werden müsse, habe sie ein herausragendes Naturell – gepaart mit einer vielleicht ein wenig zur Schau getragenen Nervosität.

Lena Meyer-Landrut ist ein Phänomen

Für ihn ist die 18-jährige Abiturientin aus Hannover ein Phänomen, weil sie mit relativ unbekannten Titeln in einer Casting-Show Erfolg hat. „Normalerweise spielt bei der Wahl der Zuschauer auch eine gewisse Nähe zum Original eine Rolle – doch das scheint sie durch Charisma auszugleichen“. Wegen des typischen Abstimm-Verhaltens des Publikums plädiert Dahmen allerdings dafür, dass der Jury um Stefan Raab bei der Entscheidung ums Weiterkommen der Kandidaten ein Mitspracherecht eingeräumt wird.

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Am Konzept der Show gefällt Dahmen: Im Gegensatz zu anderen Shows würden die Teilnehmer mit Respekt behandelt – „das sind doch sonst nur verlängerte Soaps, in denen das Wichtigste die Emotionalisierung der Kandidaten ist.“ Erst im zweiten Schritt gehe es etwa wie bei der aktuellen DSDS-Staffel um die Musik. „Bei ,Unser Star für Oslo’ bleibt das Private auch privat und jeder kann selbst entscheiden, wie viel er preis gibt.“

„Mainstream von Morgen ist die Avantgarde von heute“

Gerade das sei keine schlechte Voraussetzung für einen erfolgreichen Einstieg in die Musikbranche, wenn die Casting-Show vorbei ist. „Zu einem erfolgreichen Künstler gehört das Magische und Mystische – der Mainstream von Morgen ist die Avantgarde von heute“, erklärt Dahmen. Die Menschen seien neugierig und versuchen, den Künstler über dessen Texte und Musik zu ergründen. Deshalb dürfe nicht alles direkt ausgesprochen werden. „Xavier Naidoo hat das in gewissen Phasen seiner Karriere mit seinen Texten zum Thema Glauben perfekt umgesetzt.“

Und wer wird sich letztlich bei „Unser Star für Oslo“ durchsetzen? „Mein Tipp lautet Lena Meyer-Landrut“, sagt Dahmen. Und auch für den Eurovision Song Contest sieht er keine schlechten Chancen – unabhängig davon, wer die Casting-Show gewinnt: „Ein Platz unter den besten Zehn sollte es schon werden – der Rest ist von zu vielen Unwägbarkeiten durch den Nationalpatriotismus der Staaten abhängig“, so der Musik-Experte und fügt schnell hinzu: „Aber auch die finische Formation Lordi, die Comic-Version von Hardcore, hat es ja damals überraschend auf Platz eins geschafft.“