Essen. Ob der Schlager-Wettbewerb "Eurovision Song Contest" noch eine Zukunft hat, wird vor allem in Deutschland heiß diskutiert. In diesem Jahr jedenfalls geht's in Moskau zur Sache. Auf DerWesten sind Sie seit 20:20 Uhr live dabei. Wie schneiden Oscar und Dita von Teese ab?
Tralala-Land, im Mai 2009, die Lage war noch nie so ernst. Unruhig laufen sie auf und ab, die Musikmanager, die Schlagerfuzzis, stecken die Köpfe zusammen und rufen verzweifelt: Wir müssen den Grand Prix retten! Eine weitere Blamage, und alles ist aus! Gemach, liebe Freunde, beruhigt Ralf Quibeldey, die Rettung ist nahe, und sie heißt: Miss Kiss Kiss Bang!
Warum der Unterhaltungschef des NDR, verantwortlich für die nationale Aufbereitung des Eurovision Song Contest, einem deutschen Beitrag mit solch einem dämlichen Titel vertraut, erschließt sich wohl nur dem Kenner. Wenn so die Zukunft aussieht, dann gute Nacht, seufzen nämlich die zahlreichen Kritiker eines Wettbewerbs, der albern zappelnd ums Überleben kämpft.
Selbst die Treuesten der Treuen wissen inzwischen nicht mehr, ob sie noch mal zur traditionellen TV-Party mit Käse-Igel auf dem Nierentisch laden sollen. Als der Eurovision Song Contest noch Grand Prix d'Eurovision hieß, genoss die Gemeinde ja den coolen Kitsch, das Ding war einfach „camp”, wie die Szene sagt.
Politische Demonstration
Zuletzt war es nur noch peinlich. Allerdings haben sich die Schauplätze verlagert. In Osteuropa schätzt man so etwas. Diesmal ist Moskau dran, Hauptstadt eines Landes, das schon mal für die nächsten Großereignisse wie die Olympischen Winterspiele in Sotschi proben will. 30 Millionen Euro wurden in ein Spektakel gesteckt, das der politischen Regie allerdings etwas aus dem Ruder zu laufen droht.
Erst war da ein hässlicher Streit um den Beitrag Georgiens, das den knallharten Protestsong „We Don't Wanna Put In” ins Rennen schicken wollte. Der russische Regierungschef entdeckte eine Spitze gegen sich und war beleidigt. Tiflis wiederum wies die Forderung nach Entschärfung zurück und zog den Beitrag aus dem Rennen. Auch das Gerücht, in der Umgebung der Olimpiskij-Halle würden um Sauberkeit bemühte Stadtbedienstete streunende Hunde einfangen und vergiften, konnte die Stimmung nicht entscheidend heben.
Und dann meldeten sich auch noch die Moskauer Schwulen. Angeführt von einem gewissen Nikolaj Alexejew wollen sie das Spektakel für eine Demonstration nutzen, in einer Stadt, deren Bürgermeister Jurij Luschkow Homosexuelle als „Satanisten” bezeichnet und regelmäßig niederknüppeln lässt. Der Grand Prix sei allerdings traditionell eng mit der Schwulenszene verbunden, behauptet Organisator Alexej und kündigt an, auf keinen Fall auf den Demonstrationszug verzichten zu wollen.
Oscar gibt sich unpolitisch und singt lieber
Dann gibt es allerdings ein Problem. „De Toppers”, für Holland mit dem Song „Shine” am Start, wollen nämlich sofort abreisen, falls vor der Halle die Polizeiknüppel tanzen.
Oscar Loya, Sänger des deutschen Grand-Prix-Duos „Alex Swings Oscar Sings!”, ist ebenfalls seit Jahren mit einem männlichen Partner verbunden, lässt die rosa Fahne aber eingerollt. Er wolle sich nicht vor einen Karren spannen lassen, sagt er und äußert sich lieber zur Qualität eines Beitrags, der auch optisch neue Türen aufstoßen soll. Textperlen wie „Do the dee dee hi ho sing dee hi hey” oder „Do the skiddle de skiddle de boom” werden nämlich von Dita von Teese angemessen umgesetzt. Die Stripperin will, so wird zumindest auf dem Boulevard geraunt, auf einem Latex-Kussmund die Hüften kreisen lassen, was wiederum Alex („Swings”) Christensen freuen wird. Der Produzent des Grand–Prix-Songs hat mit Ballermann-Hits wie „Du hast den schönsten Arsch der Welt” einschlägige Erfahrungen gesammelt.
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