Essen. 60 Jahre und ein bisschen greise - die alte Tante ARD feierte sich am Donnerstagabend selbst. Die Show endete mit ungewollter Komik: Moderator Reinhold Beckmann präsentierte Florian Silbereisen - ausgerechnet - als Erben von Rudi Carrell.

Dass das Erste sein Jubiläum um Wochen vorzog: geschenkt. Eigentlich wird der öffentlich-rechtliche Senderverbund erst im Juni 60. Dann aber sind die Nächte kurz und die Quoten niedrig. Gegen einen Biergarten-Besuch hat das beste Fernsehprogramm, die Fußball-Weltmeisterschaft ausgenommen, keine Chance.

Ein Treppenwitz der Fernsehgeschichte ist, dass Günther Jauch die Jubiläumssause produzierte. Jauch war bei der Debatte um die Nachfolge von Polit-Talkerin Sabine Christiansen als Wunschkandidat gehandelt worden und hatte dem Ersten im Herbst 2007 kurzerhand abgesagt. Aber RTLs Moderatorengesicht Nr. 1 war schlau genug, die Tür zur ARD stets eine Handbreit offen stehen zu lassen. Logischerweise organisierte Schlaufuchs Jauch nicht nur die öffentlich-rechtliche Geburtstagsparty, sondern trat obendrein als Gast bei dem Abend-Spektakel auf.

Spektakel? Na ja, die Show machte naturgemäß mit Einspielern und Small-Talk in Nostalgie. Und sie machte klar, wie kreativ das Erste vor Jahrzehnten war, als die Öffentlich-Rechtlichen auch in der Unterhaltung Maßstäbe setzten - zur besten Sendezeit.

Heute ist es so, dass die ARD ihre besten Köpfe mit den frechsten Ideen im Niemandsland des mitternächtlichen Nischenprogramms versteckt. Dafür stand Geburtstagsgast Kurt Krömer. Der papageienbunte TV-Anarcho fiel in jeder Hinsicht in der eher biederen Gäste-Riege auf - den “Tatort”-Kommissarinnen Maria Furtwängler und Simone Thomalla zum Trotz.

Krömer ausgerechnet mit Volksmusik-Star Florian Silbereisen zusammenzubringen, war ein gewagter Regie-Einfall. Er musste scheitern, natürlich. Silbereisen lud Krömer demonstrativ in seine Show ein, um die Offenheit seines als erzkonservativ verschrieenen Genres zu beweisen. Krömer hingegen gab sich nicht einmal im Ansatz Mühe, seine Abneigung zu Silbereisen zu verbergen.

Aber das war noch nicht alles. In einem Einspieler lobte die verstorbene Fernsehlegende Rudi Carrell Silbereisen über den grünen Klee. Der dauerfröhliche Gaudibursch mit dem Einschalt-Lächeln durfte prompt beim Show-Finale mit einem Rudi-Medley als Wiedergänger des schlaksigen Holländers über die Bühne tänzeln. Damit machte er vor allem eines deutlich: wie sehr Rudi Carrell dem deutschen Fernsehen heute fehlt.

Die große Geburtstagsshow 60 Jahre ARD, zweiter Teil, Samstag, 20.15 Uhr