Essen. Der Humor des Nordens steht im Gegensatz zum feuchten Klima an der See: Er ist so trocken wie rieselfeiner Sand am Strand. Genau davon lebt die Krimi-Komödie “2 für alle Fälle - Ein Song für den Mörder” (Donnerstag, ARD, 20.15 Uhr).
Der Humor des Nordens steht im Gegensatz zum feuchten Klima an der See: Er ist so trocken wie rieselfeiner Sand am Strand. Genau davon lebt die Krimi-Komödie “2 für alle Fälle - Ein Song für den Mörder” (Donnerstag, ARD, 20.15 Uhr). Mehr noch: Die für seichte Produktionen berüchtigte Degeto bewies bei diesem Film in jeder Hinsicht ein glückliches Händchen.
Lars Jessen besorgte die Regie. Dabei zeigt sich wieder einmal, dass der 40-jährige Kieler Land und Leute liebt, ohne Bauerntheater mit Postkarten-Kitsch abzuliefern. Jessen zieht mit leichter Hand eine stimmige Quersumme aus “Großstadtrevier” und “Tatort”.
Schrulliges Drehbuch mit lakonischem Witz
Norbert Eberlein steuerte ein schrulliges Drehbuch mit lakonischem Witz bei. Die Komödie um einen Ex-Bullen und seinen Bruder, einen gerade aus der Haft entlassenen Heiratsschwindler, ihren gemeinsamen Jugendschwarm, eine Musikcombo und einen Mord am Deich hat viel Tempo und nur ganz, ganz wenige Hänger.
Seit Dick & Doof wissen wir, eine gute Komödie braucht zwei gegensätzliche Darsteller, die sich innig hasslieben - wie Jan Fedder als brummiger Bulle und Axel Milberg als leichtlebiger Schwerenöter, die allein als Typen zueinander stehen wie Ebbe und Flut. Die Spannung zwischen den Darstellern ist mindestens genauso wichtig wie die Spannung der eigentlichen Handlung.
Fedder verkörpert den bodenständigen Norddeutschen schlechthin, beim Gehen schwankt er stets ein bisschen, ganz so, als stapfe er selbst in der schnieken Fußgängerzone über Deck oder doch zumindest durch schlammige Ackerfurchen. Sein Gesicht wirkt zerknittert, die Augenbrauen hoch, die Mundwinkel runter - der 55-Jährige, so bodenständig wie bärbeißig, glaubt an das Glück erst dann, wenn es nicht mehr weglaufen kann.
Zugleich bestätigt Fedder das Klischee des maulfaulen Nord-Mannes nicht nur, sondern er dreht noch einen Tick weiter. Er geizt, schottengleich, mit Worten. Verrückterweise genügt bei dem Mann von der Reeperbahn oft nur ein einziges Wort, um die ganze Welt zu erklären.
Das exakte Gegenteil mimt der Wahl-Münchner Axel Milberg, der, Ironie des Schicksals, in seinen Filmen immer wieder in seine schleswig-holsteinische Heimat zurückkehrt. In “2 für alle Fälle” zeigt der 53-jährige Kieler eine neue Facette seines Könnens. Als “Tatort”-Kommissar Borowski ermittelt er mit sprödem Charme an der Förde, als “Dr. Martin” versuchte er, als blasierter Stadt-Arzt in einem Deich-Dorf Fuß zu fassen. Nun verkörpert der Sohn einer Ärztin und eines Rechtsanwaltes einen vorbestraften Heiratsschwindler, der geradezu zwanghaft Herzen und Portemonnaies liebebedürftiger Damen öffnet. Seine Wortgirlanden verraten Witz, Einfühlungsvermögen und, nun ja, Weitschweifigkeit, die im exakten Gegensatz zur Einsilbigkeit seines Bruders stehen. Aber sie wirken so, dass sie aus jedem Aschenputtel eine Prinzessin zu machen scheinen. Dass der Herr Heiratschwindler nur reich an Fantasie ist, hindern ihn nicht daran, stets feinen Zwirn zu tragen und in noch feineren Herbergen zu logieren.
Dabei zeigt sich Milberg, der sich üblicherweise mit vorgeschobenem Oberkörper gegen unsichtbare Böen zu stemmen scheint, ungewohnt leichtfüßig. Mehr noch: Er tänzelt geradezu mit elegantem Schwung durch den 90-Minüter.
Der Schwung der beiden Hauptdarsteller reißt das ganze Ensemble mit, allen voran Nina Petri als Dorfärztin und Hans-Jochen Wagner als ihr karrierewütiger Chef.
Sollte dieser Film einen neuen Weg der Degeto andeuten, dann bitte mehr davon - und das möglichst schnell.