Essen. Schlagersängerin Kim Fisher präsentiert "die schönsten Hits der Deutschen" (Donnerstag, ARD, 20.15 Uhr). Jürgen Overkott sprach mit ihr - und erlebte ein Gespräch voller Überraschungen.
Sie präsentieren, gemeinsam mit Jan Hofer, „die schönsten Hits der Deutschen“. Singen Sie selbst?
Kim Fisher: Ich darf leider nicht. Ich habe mich überall angeboten, in jedem Chor hätte mich mitgemacht, selbst im Polizeichor hätte ich, irgendwo in einer Ecke, mitgesungen – aber ich durfte nicht.
Sie in einer Polizei-Uniform – dafür hätte ich was gegeben.
Kim Fisher: Es gibt ja diese Szene, nur singen durfte ich nicht. Alle meine Freundinnen haben das Bild als Handy-Foto bekommen. Wir waren mit einem Polizeibus unterwegs, und ich habe hinten in der letzten Reihe gesessen – ich in Uniform, mit meinen wahnsinnig langen Haaren.
Kann ich die auch haben?
Kim Fisher: Ja.
Sie durften nicht singen, und dann haben Sie erst mal Ihr Tränengefäß gefüllt…
Kim Fisher: Na ja, ich darf ja moderieren. Und da gibt’s keine bessere als mich – und Jan Hofer, natürlich.
Tränen – ein super Stichwort für eine Überleitung. Werden wir „Tränen lügen nicht hören“ hören?
Kim Fisher: (singt) „Tränen lügen nicht.“ Sie werden keinen Titel aus den 70ern nennen können, den ich nicht ansingen kann.
Ich weiß.
Kim Fisher: Nee, ernsthaft, bis Ende der 70er kann ich Ihnen alles ansingen – na ja, wenigstens eine Zeile.
Kennen Sie die Sprechpassage bei „Tränen lügen nicht“?
Kim Fisher singt die Chor-Passage.
„Glaubst Du, das Glück liegt auf der Straße, und Du musst es nur aufheben?“ Meinen Sie, Jan Hofer hätte das auch so gut hingekriegt?
Kim Fisher: Na, da muss ich Jan Hofer aber unbedingt in Schutz nehmen. Ich bin ja eine, die sofort loshüpft, wie ein Gummiball, während Jan Hofer das Ganze seriös und fundiert betrachtet. Das eine Aufteilung, die bei unserer Show „Riverboat“ schon gut funktioniert hat, und eigentlich ist es eine natürliche Rollen-Aufteilung. Jan Hofer ist ein super-seriöser Sprach-Auseinandernehmer.
Aber das können Sie doch auch – Sie haben doch Germanistik studiert.
Kim Fisher: Gut, ich habe mich bei Vicky Leandros’ Hit „Theo, wir fahr’n nach Lodz“ genauso wie Reich-Ranicki gefragt, warum Lodz. Lodz klingt nach einer stickigen, grauen Industriestadt. Warum also Lodz?
Wie hätten Sie den Text geschrieben: Theo, wir fahr’n nach…
Kim Fisher (singt) Theo, wir fahr’n in den Harz.
Harz mit r und z – das klingt doch schrecklich.
Kim Fisher: Na gut, Theo, wir fahr’n nach Sylt.
Das finde ich klasse, das wär’s gewesen.
Kim Fisher: Bei Vicky ist irgendwo von Kühen die Rede, und auf Sylt gibt’s wohl auch welche.
Ich habe davon gehört.
Kim Fisher: Strandkörbe müssten wir dann auch noch irgendwo unterbringen. Aber die „Nordseeküste“ haben ja andere Herren besungen. Die Zeiten kenne ich aber nicht mehr so gut.
Bleiben wir in den 70ern. 1979 landete Karat einen Riesenhit, der ein Jahr später von Peter Maffay gecovert wurde: „Über sieben Brücken musst Du geh’n“. Für mich ist das die wahre deutsche Hymne, die Ost und West verbindet.
Kim Fisher: Na, da sind Sie ein ganz Schlauer. Es stimmt, das Lied stand auch auf der Liste für die Publikumsabstimmung. Und das ist ja auch gar nicht so doof, die Zuschauer abstimmen zu lassen. Dann haben wir die schon mal auf unserer Seite. Und wehe die gucken uns nicht…
…dann gibt’s einen Satz heiße Ohren.
Kim Fisher: Hm, da komme ich aber persönlich vorbei.
Was war eigentlich das erste Lied, das Sie mitträllern konnten?
Kim Fisher: Oh, Cindy & Bert, „Immer wieder sonntags“…
…da kommt bei mir auch die Erinnerung…
Kim Fisher: …wir haben damals viel Radio gehört, aber Cindy & Bert schien bei uns immer sofort die Sonne. Das ist zwar nicht die Musik, die heute, als 40-Jährige, hören würde, aber damals war sie klasse. Ich kann mich daran erinnern, dass ich damals mit meinen Eltern auf Konzerten von Vicky Leandros und Nana Mouskouri war.
Wollten Sie anschließend die eckige Brille von Nana Mouskouri haben?
Kim Fisher: Nö, ich wollte Vicky sein. Aber Nana fand ich super. Eine Freundin von mir hat als Klingelton „Guten Morgen, Sonnenschein“. Da kriege ich gleich gute Laune. Ich weiß gar nicht, was die Lieder der 70er von denen der 80er unterscheidet, aber bei den Stücken der 70er feiern die Leute immer gleich mit.
Und dann kam Udo Lindenberg. Er hat immer von „Schlageraffen“ gesprochen. Hat er Ihnen den Spaß verdorben?
Kim Fisher: Nö, Udo fand ich auch super.
Wegen der bekloppten Reime?
Kim Fisher: Udo war niemals angepasst. Er war immer er selbst. Ich finde seinen Erfolg sensationell.
„Beine wie Säulen, Arme wie Keulen, und dann ertönt der Gong – Sister King Kong.“
Kim Fisher: Das hat was von Dadaismus.
Ein etwas unterbewertetes Stück der 70er hat mit Dada nichts zu tun: „Ein Lied kann eine Brücke sein“. Glauben Sie, dass die Botschaft von Joy Flemming stimmt?
Kim Fisher: Ich will Ihnen mal was ganz Pathetisches sagen. Meine Nichte wurde konfirmiert, einen Tag später hat meine Freundin geheiratet, und noch eine Woche später war ich wegen ganz anderen Anlasses in der Kirche. Drei Mal hintereinander in der Kirche – das habe ich zum letzten Mal vor 25 Jahren gemacht, als ich konfirmiert wurde. Als wir uns alle erhoben haben, um dieses Lied zu singen, da war das schon was ganz Besonderes. Und ich habe festgestellt, so ein Lied gibt einem schon Kraft.
Auch allgemein?
Kim Fisher: Ich singe mit vielen Kollegen, im Friedrichstadt-Palast mit einem riesigen Orchester oder sonst wo mit Chören. Aber eines haben die Auftritte gemeinsam: Es sind immer besondere Momente. Auch wenn die Musiker oft nicht kenne, es gibt immer eine Brücke.
Läuft Ihnen beim Singen eine Gänsehaut über den Rücken?
Kim Fisher: Ja. Aber ich kann es nicht immer genießen – obwohl es Momente gibt, bei denen Du beim Singen spürst, das ist jetzt was ganz Besonders.
Können Sie sich noch daran erinnern, was es war?
Kim Fisher: Ja. Das war ein Auftritt mit dem BVG-Orchester. Das Orchester der Berliner Verkehrsgesellschaft. Das sind 50 Mann, zwischen 50 und 80…
…und die machen Blasmusi’…
Kim Fisher: … und ich war mit denen im Zoo, bei einer Veranstaltung für Schwule, Lesben, Heteros, Normale, Schrille, mehrere tausend Leute. Und als ich „Fever“ gesungen habe, habe ich mir Otto mit der Klarinette – der war erst 75 – genommen und habe mit dem getanzt. Das war super, das war eine Atmosphäre, die habe ich so noch nie erlebt.
Diesen Moment wollten Sie festhalten…
Kim Fisher: …konservieren und immer wieder angucken, wie ich mit Otto Schieber tanze und dabei singe.